Deutsche Vereinigung für Datenschutz
Bielefelder Erklärung (2007)

Verdacht gegen alle

Beim Telefonieren und beim Verschicken von SMS und E-Mail, mit jeder Überweisung und mit jedem Gebrauch von Kreditkarten, EC-Karten und Kundenkarten aller Art sowie durch Ausfüllen von ungezählten Online-Formularen hinterlassen die Menschen in Deutschland breite Datenspuren. Viele dieser Datenspuren lassen sich nicht mehr vermeiden, wenn man am politischen, wirtschaftlichen und sozialen Leben teilnehmen will. Das weckt Begehrlichkeiten: Staat und Wirtschaft gehen immer ungenierter mit diesen Daten um, erstellen Kunden-, Bewegungs- und Persönlichkeitsprofile, überwachen, kontrollieren, spähen aus und manipulieren. Die Privatsphäre und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung als Teil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts werden zunehmend eingeschränkt und missachtet.

In der Europäischen Union werden schon heute in vielen Ländern (und bald flächendeckend) die durch Telekommunikation entstehenden Verkehrsdaten mindestens sechs Monate gespeichert. Dies stellt Hunderte von Millionen Menschen unter den Generalverdacht, Telekommunikationseinrichtungen für kriminelle Zwecke zu nutzen.

Die US-amerikanischen Einwanderungsbehörden verlangen umfangreiche Datensammlungen über alle europäischen Fluggäste, bevor sie in den USA landen dürfen. Viele staatliche Einrichtungen in Deutschland, allen voran der Innenminister, tun es ihnen gleich und wünschen sich zweckverändernde Zugriffe z. B. auf Fluggastdaten, Autobahnmautdaten und private Videoaufzeichnungen. Sie gieren nach Überwachungskameras und heimlichen Online-Durchsuchungen, sie vermessen und katalogisieren uns mithilfe biometrischer Daten wie Fingerabdrücken, Gesichtsmerkmalen und DNS-Profil. Da erscheint es zur Erschließung der umfangreichen Datenbanken nur folgerichtig, dass uns eine Personenkennziffer verordnet wird, die uns von der Geburt bis über den hinaus Tod eindeutig identifiziert. Unter dem Vorwand, terroristische Gefahren abzuwehren, werden von staatlicher Seite immer neue Ideen zu Datensammlungen entwickelt und dabei die Einschränkung der Grundrechte systematisch und absichtsvoll betrieben. Ob solche Maßnahmen zu mehr Sicherheit führen, ist völlig ungewiss; dass sie die Freiheit beeinträchtigen, ist dagegen offensichtlich.

Die DVD, das FIfF und der FoeBud fordern alle politisch Verantwortlichen auf, sich für die Erhaltung der Grundrechte einzusetzen, statt ständig zu versuchen, mithilfe angstschürender Schreckensszenarien den schleichenden Abbau wesentlicher demokratischer Errungenschaften zu rechtfertigen.

DVD, FIfF, FoeBuD e.V., 14.10.2007

Deutsche Vereinigung für Datenschutz (DVD)
Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung (FIfF)
Verein zur Förderung des öffentlichen bewegten und unbewegten Datenverkehrs (FoeBuD)

Quelle