D64 Thesenpapier: Grundwerte für Künstliche Intelligenz

Thesenpapier von D64 - Verein für Digitalen Fortschritt e.V., Entwurfsfassung von Februar 2018

Künstliche Intelligenz (KI) ist ein exponentieller Treiber für die fortschreitende Digitalisierung und stellt gleichzeitig einen umfassenden Paradigmenwechsel dar.
Während durch klassische Software deterministisch Abläufe programmiert sind, entstehen durch Deep Learning nicht-vorhersagbare, selbstlernende Produkte und Dienste, die nicht nur aus dem verwendeten Algorithmus resultieren. Vielmehr gewinnen Daten, insbesondere im Zusammenhang mit der Beschreibung ihres Inhaltes ("labeled data"), an Relevanz und entscheiden mittel- und langfristig über die Ergebnisse von Systemen mit künstlicher Intelligenz. Insbesondere bei KI, deren Entscheidungskriterien und -prozesse für Anwender nicht transparent nachvollzogen werden können, sind klare Regelungen notwendig. Parallel dazu ist es erforderlich, die datenverarbeitenden Prozesse selbst von Anfang an transparenter zu gestalten, auch in dem Sinne, dass Anbieter verpflichtet werden die algorithmischen Entscheidungswege nachvollziehbar zu machen.

D64 hat sich zum Ziel gesetzt, diese Entwicklung aktiv und konstruktiv mitzugestalten. Als Kompass für die inhaltliche Ausrichtung fungieren dabei die Grundwerte Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität, die es vor dem Hintergrund der Digitalisierung – und eben auch der Künstlichen Intelligenz – zu bekräftigen gilt.

Freiheit: Recht auf Transparenz und persönliche Entscheidungsfreiheit im Kernbereich.

Wie kann die Freiheit des Einzelnen sichergestellt werden, wenn KI-Systeme in alle Lebensbereiche vorgedrungen sind: vom autonom fahrendem Auto bis hin zu intelligenten Haushaltsgeräten, Implantaten oder Strafverfolgungsmechanismen? Es muss für Bürgerinnen und Bürger erkennbar sein, ob algorithmische Entscheidungen zum Einsatz kommen (Kennzeichnungspflicht) und welche Daten wie verwendet werden; insbesondere, wenn es sich dabei um personenbezogene Daten handelt (Transparenz-Pflicht).
Ferner muss jedem und jeder Einzelnen das Recht eingeräumt werden, wichtige Entscheidungen selbst zu treffen. Gerade wenn das Dasein eines Individuums betroffen ist, kann KI zwar als Entscheidungshilfe dienen, darf aber nicht als letzte Instanz für Entscheidungen vorgeschrieben werden (Kontrollmöglichkeit).

Gerechtigkeit: Es muss sichergestellt werden, dass Algorithmen alle Mitglieder der Gesellschaft gleich behandeln.

Am Beispiel der Gesichtserkennnungssoftware wird es deutlich: Wenn ein System nur mit Gesichtern mit heller Haut trainiert wird, wird es größere Probleme bei der Erkennung von Gesichtern mit dunkler Haut haben. Wir brauchen eine Kontrolle darüber, dass ein Algorithmus, auf den man sich verlassen können muss (bspw. weil er staatlich oder im Bereich obligatorischer Versicherungen eingesetzt wird), diskriminierungsfreie Trainingsdaten verwendet und dies nachprüfbar ist. Bei staatlichem Einsatz muss darüber hinaus sichergestellt werden, dass es zu keinen Benachteiligungen unterrepräsentierter Personenkreise kommt.

Solidarität: Fortschritt durch Open Data als Grundprinzip – Daten nutzbar machen.

Der Fortschritt der KI muss zu einem Fortschritt der Gesellschaft führen. Qualität und Quantität der Datenbestände werden der Schlüssel zur Weiterentwicklung der Technologie. (Anonymisierte) Rohdaten sollen daher so weit wie möglich öffentlich und für Wissenschaft und Forschung sowie für Unternehmen nutzbar gemacht werden. Hiervon können Anbieter von innovativen Diensten profitieren. Open Data sollte aber in beide Richtungen verstanden werden: Neben dem Staat sollen auch Unternehmen, die Daten erfassen und verarbeiten, die der öffentlichen Daseinsvorsorge dienen können, diese der Allgemeinheit zur Verfügung stellen.

Quelle

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