Stellungnahme der Fachgruppe Schule der Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur (GMK) zum Basiscurriculum Medienbildung im Rahmenlehrplan für die Jahrgangsstufe 1-10 in Berlin und Brandenburg, Anhörungsfassung vom 28.11.2014 (2015)

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A) Anmerkungen zum Basiscurriculum und zu seiner Einbettung in den neuen Rahmenlehrplan

1. Die Fachgruppe Schule der GMK begrüßt, dass im Rahmen der Neu- und Weiterentwicklung des Rahmenlehrplans für die Jahrgangsstufe 1-10 in Berlin und Brandenburg mit dem vorliegenden Basiscurriculum Medienbildung eine verpflichtende curriculare Grundlage geschaffen wurde.

Das Basiscurriculum folgt einem integrativen Konzept schulischer Medienbildung, wie es auch von der GMK-Fachgruppe Schule weiterhin favorisiert wird.

Allerdings wird mit dem hier genutzten "Kompetenzmodell Medienbildung"(Teil B, S. 14) eine verkürzte und daher problematische Strukturierung von Medienkompetenz vorgenommen, die durch ihre funktionale Orientierung die Gefahr einer verkürzten Wahrnehmung und einer Subsumierung von Medienkompetenz unter "Methodenkompetenz" hervorruft - vgl. hierzu die Anmerkungen und Empfehlungen unter B)

Das Basiscurriculum kann bei konsequenter Umsetzung und Implementierung in den Fachunterricht ermöglichen, dass

  • medienpädagogische Aufgaben in den allgemeinen Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule durchgehend einbezogen werden,
  • - zwischen den Schulfächern/Lernbereichen medienpädagogische Aktivitäten eng abgestimmt
  • - und dabei Prozesse der inneren Schulentwicklung gefördert werden.

Damit dies gelingen kann, müssen allerdings einige Rahmenbedingungen und Voraussetzungen gesichert werden, die in unserem Positionspapier bereits beschrieben worden sind (GMK Fachgruppe Schule 2011).

In den uns zur Verfügung stehenden Dokumenten und Materialien aus Berlin und Brandenburg fehlen hinreichende Informationen, ob, wie und nach welchem Zeitplan diese Rahmenbedingungen geschaffen werden. Wir empfehlen dringend, diese Fragen zu diskutieren und damit eine erfolgreiche Implementierung der Medienbildung zu ermöglichen. Auch die KMK (2012) hat als Gelingensbedingungen acht notwendige Handlungsfelder benannt und betont: "Nur unter Beachtung der Zusammenhänge und Wechselwirkungen dieser Handlungsfelder können bildungspolitische Maßnahmen erfolgreich sein." (KMK 2012, S.9)

Für die Implementierung des Basiscurriculums Medienbildung erscheinen uns aktuell diese drei Handlungsfelder besonders bedeutsam:

1.1. Die notwendige Entwicklung anspruchsvoller und lebensweltorientierter beispielhafter Unterrichtsszenarien zur Medienbildung im Fachunterricht und die Nutzung der zahlreich vorhandenen Konzepte, Praxisbeispiele und Materialien unterschiedlicher Institutionen brauchen eine am Basiscurriculum orientierte Dokumentierung, Kommentierung und Bewertung mit Verweisen auf die jeweiligen Fachlehrpläne. Dabei sollten die Erfahrungen mit SODIS und mit dem " Materialkompass Verbraucherbildung" des Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. einfließen und die Möglichkeiten der Creative Commons Lizensierung genutzt werden.

1.2. Durch geeignete und verbindliche Angebote sollen die Lehrkräfte die erforderlichen Kompetenzen für die Gestaltung der Medienbildung in der Schule erweitern können. - Durchaus wichtige Veranstaltungen zur Information über das Basiscurriculum und seine beabsichtigte Einbeziehung in die Pläne der Fächer reichen dafür nicht aus. Lehrende brauchen insbesondere Unterstützung, um "Medienerfahrungen von Kindern und Jugendlichen im Unterricht zum Thema zu machen" (KMK 2012, S.7, 3.2)

Ein Ausbau z.B. der Stellen "Beraterin bzw. Berater für Medien" beim Beratungs- und Unterstützungssystem für Schulen und Schulämter (BUSS) könnte an dieser Stelle ebenso hilfreich sein wie eine klare Schwerpunktsetzung in der Fortbildungsplanung.

1.3. Schule braucht ein flächendeckendes und ortsnahes Unterstützungssystem. Hierfür ist die Vernetzung mit außerschulischen Einrichtungen besonders wichtig. Dafür müssen geeignete Finanzierungsmodelle entwickelt und umgesetzt werden. Dies gilt auch für die in Teil A des Rahmenplans formulierte Aussage, dass Schulen für die Gestaltung schulinterner Curricula die Anregungen und Kooperationsangebote externer Partner nutzen sollen. (S. 4)

2.

Zur Konstruktion des gesamten Rahmenplans gehören zwei für die Medienbildung wichtige Festlegungen, die für die künftige Ausgestaltung der Medienbildung in Schule und Unterricht sehr bedeutsam sind:

2.1. Die im Basiscurriculum entwickelten Standards "werden in den fachlichen Standards im Kapitel C2 berücksichtigt." (S.7)

2.2. "Der Beitrag der Fächer zur Förderung von Sprach- und Medienkompetenzen wird im Rahmen des schulinternen Curriculums abgestimmt." (S.7)

Zu 2.1. Die im Basiscurriculum entwickelten Standards "werden in den fachlichen Standards im Kapitel C2 berücksichtigt." (S.7)

Der Erfolg einer Verankerung der Medienbildung in Schule und Unterricht hängt demnach davon ab, ob und in welcher Weise die hier formulierten Standards in den fachlichen Standards in Kapitel C2 berücksichtigt werden. Es muss sichergestellt werden, dass eine systematische Verankerung im Teil C2 erfolgt.

Die im Teil B veröffentlichte Übersicht "Aufgreifen der übergreifenden Themen in den Kapiteln C1, C2 und C3" trägt zur Klärung dieser Frage allerdings nur wenig bei, da sie ohne Belege nur kennzeichnet, ob Medienbildung im Kapitel 1 und/oder Kapitel 3 erwähnt und im Kapitel 2 ""Kompetenzen und Standards" berücksichtigt wird. Die Synopse zum Nachweis der Verankerung der übergreifenden Themen einschl. Sprach- und Medienbildung erscheint grundsätzlich wenig aussagekräftig und sollte - im Sinne der Praktikabilität als Arbeitswerkzeug für die Schulpraxis - dringend detaillierter ausgearbeitet und unterfüttert werden.

Wir empfehlen eine echte Synopse darüber zu erstellen, die konkret aufzeigt, wie die Standards des Basiscurriculums jeweils in den Fachteilen ihre Berücksichtigung finden. Diese Synopse kann dann dazu dienen, zu überprüfen und sicherzustellen, ob bzw. dass beim derzeitigen Stand wirklich ein systematischer und nachhaltiger Aufbau von Medienkompetenz möglich ist.

Nach einer ersten Durchsicht der Fachteile des Rahmenlehrplans zweifeln wir daran:

Untersucht man kursorisch die neuen Fachpläne, wie z.B. die Anhörungsfassungen für den Sachunterricht (1-4) und für die Gesellschaftswissenschaften (5/6), so ist Folgendes erkennbar: Zumindest in Form von expliziten Hinweisen wie auch Inhalten und Themen ergeben sich Anknüpfungspunkte und Integrationsmöglichkeiten bzgl. der Medienbildung. (Beispielsweise in den Jahrgangsstufen 5/6 die "Wahlobligatorischen Themenfelder" KINDERWELTEN - heile Weiten? / Mode und Konsum - mitmachen um jeden Preis? / Medien - immer ein Gewinn?)

Aber das galt für die alten Rahmenlehrpläne auch und führte in der Schul- und Unterrichtswirklichkeit dazu, dass das Lehren und Lernen mit und über Medien als eine mehr oder weniger "wichtige Nebensache" verstanden wurde. Aus Sicht der Fachgruppe fehlen klare Anknüpfungen zum Basiscurriculum.

Kritisch anzumerken ist übrigens für den Rahmenlehrplan Gesellschaftswissenschaften, dass Medienkompetenz offensichtlich als Bestandteil von Methodenkompetenz gesehen wird.

Im Fachlehrplan Geschichte wird im 1. Kapitel bei der fachbezogenen Kompetenz "Methoden anwenden" der Bereich "mediale Präsentationen auswerten" genannt. Bei "Analysieren" werden Filme und "Internetpräsentationen" angesprochen und betont: "Gerade die analysierende Auseinandersetzung mit den medialen Deutungsangeboten der Geschichtskultur ist als Lernen über und mit Medien ein Beitrag zur Medienbildung." (S. 4) Dies lässt eine differenzierte Berücksichtigung bei den Standards erwarten.

Explizit ausgeführt wird dies jedoch nur in

  • Niveaustufe G (Jahrgangsstufe 9/10): "Gestaltungsmittel (z.B.sprachliche, visuelle) unterschiedlicher Darstellungsarten beschreiben und deren Funktion und Wirkung untersuchen"
  • Niveaustufe H: "medial unterschiedliche Darstellungsarten untersuchen und diese beurteilen"

Bei der Beschreibung des unterrichtsleitenden Prinzips "Geschichtskultur" wird betont:

"Die Lernenden entwickeln an ausgewählten Beispielen die Fähigkeit zur Analyse und Beurteilung geschichtskultureller Präsentationen und Interpretationen. Der Geschichtsunterricht leistet so seinen fachspezifischen Beitrag zur Medienerziehung." (S. 14) In der anschließenden Darstellung der Themenfelder und ihrer möglichen Konkretisierungen wird jedoch explizit kein medienbezogenes (Teil-)Thema benannt.

In den Ausführungen für das Fach Deutsch wird sichtbar, dass dieses eine besonders wichtige Rolle als Leitfach in der Umsetzung der Medienbildung spielt. Auch hier fehlen allerdings klare und verbindliche Rückbezuge zum Basiscurriculum.

Durchgängig fehlen deutlich formulierte Bezüge zum Basiscurriculum, die wesentlich zu einer neuen Qualität der Verbindlichkeit der Medienbildung in Schule und Unterricht beitragen würden. Mehr noch - es scheint nicht ausgeschlossen, dass in der Praxis von Schule und Unterricht einzig der Teil C des neuen Rahmenplans Arbeitsinstrument werden könne, ohne auch nur den Teil B heranziehen zu müssen.

Wir empfehlen, auf der Basis der oben vorgeschlagenen Synopse und Zielstellung alle Fachteile des Rahmenlehrplans zu überarbeiten.

Mit der Synopse wäre zudem eine gute Grundlage für die Schulinspektion gegeben, eine angemessene Anpassung der Beobachtungsitems vorzunehmen, der wir bei transparenter Darstellung eine hohe Bedeutung zumessen.

Dazu gehört u.E. auch eine angemessene Berücksichtigung in den "Handlungsrahmen Schulqualität in Berlin" bzw. den "Orientierungsrahmen Schulqualität in Brandenburg".

Zu 2.2. "Der Beitrag der Fächer zur Förderung von Sprach- und Medienkompetenzen wird im Rahmen des schulinternen Curriculums abgestimmt." (S.7)

Schulinterne Curricula können auf dem Weg zu schulischer Medienbildung dazu anregen, Ziele, Inhalte und Methoden medienbezogener Unterrichtsvorhaben zu finden, zu beschreiben und umzusetzen. In diesem besonderen pädagogisch-didaktischen Kontext können auf der Grundlage konkreter Lernergebnisse verbindliche Indikatoren für Standards beschrieben werden, die es ermöglichen, Schülerleistungen mithilfe konkreter Aufgabenstellungen zu erfassen, die sowohl der pädagogisch-didaktischen Situation einer Lehr-/Lerngruppe als auch der einer Schule entsprechen.

Dies stellt eine besondere Herausforderung für die Schule dar, die nur erfolgreich geleistet werden kann, wenn Schulen unterstützend Materialien und Beispiele für die Entwicklung schulinterner Curricula erhalten.

Das schon in der Pressemitteilung vom 28.11.2014 geäußerte Vorhaben, die Online-Fassung des Rahmenplans "mit zusätzlichen Materialien wie etwa standardillustrierenden Aufgaben, Kompetenzrastern und Beispielen für schulinterne Curricula zu verlinken", sollte unbedingt weiter verfolgt werden.

Die in Teil A formulierte Aussage, dass Schulen für die Gestaltung schulinterner Curricula die Anregungen und Kooperationsangebote externer Partner nutzen (S. 4), muss auch finanziell und personell abgesichert werden.

Nach Aussage des Basiscurriculum sollen bis zum Ende der Grundschulzeit Kompetenzen auf der Niveaustufe D erworben werden. Hierfür sollten angemessene Formen der Dokumentation (z.B. in Form eines Portfolios) eingeführt werden. Entsprechendes schlagen wir auch für den Abschluss der Sekundarstufe I vor.

B) Anmerkungen zu den einzelnen Überlegungen und Vorschlägen des Basiscurriculums

Wir geben im Folgenden einige Hinweise zu fachlich begründeten Textänderungen sowie zu aus unserer Sicht nicht hinreichend schlüssigen Formulierungen, die einer nochmaligen Beschäftigung und Überarbeitung bedürfen.

Das Basiscurriculum entwickelt im Abschnitt 2.1 und am Beginn von 2.2 eine dem aktuellen Stand des medienpädagogischen Diskurses entsprechende Auffassung von Medienbildung.

Im dritten Satz in 2.1 sollte es besser heißen: "Medien dienen der Verbreitung von Inhalten bzw. Botschaften, insbesondere von Informations- und Unterhaltungsangeboten, durch ..." (S. 13)

Die in der KMK-Erklärung zur schulischen Medienbildung benannten wichtigen Dimensionen "Möglichkeiten der gesellschaftlichen und kulturellen Teilhabe und Mitgestaltung" und "Identitäts- und Persönlichkeitsbildung der Heranwachsenden" sollten genannt und hervorgehoben werden. Ebenso bietet es sich unter dieser Teil-Überschrift in besonderer Weise an, auf die digitale Gesellschaft und die Dynamik ihrer Entwicklung sowie die Medialität und das nötige Medialitätsbewusstsein hinzuweisen.

Durchgängig ist die diffuse Anwendung von Begriffen:

So steht der Medienbegriff sehr vereinfacht für Medien aller Art (s. Glossar, S. 23). Was aber Medien sind, wird nicht definiert. Zumindest könnte man sich hier vorstellen, dass Medien durch den Zusammenhang von "Medialität", "Technik" und ihren "Gebrauch innerhalb der Gesellschaft" bestimmt werden.

Bedauerlicherweise taucht der "erweiterte Textbegriff", der für das Curriculum Sprachbildung von Bedeutung ist (s. Glossar, S. 12), im Basiscurriculum Medienbildung nicht auf. So vergibt man eine Möglichkeit, Sprach- und Medienbildung intentional wie funktional aufeinander zu beziehen, z.B. dass man lernen kann, Filme "wie Texte" zu lesen.

Auch Begriffe wie Informations- und Mediengesellschaft, Medienwelt oder Medienlandschaft werden wie selbstverständlich eingeführt und (bisweilen als Synonyme) genutzt (z.B. S. 17).

Zum Abschnitt 2.2

In Anlehnung an die medienpädagogische Diskussion und an die KMK-Empfehlung zur Medienbildung in der Schule vom März 2012 sowie zum Positionspapier der GMK vom März 2011 sollte es zunächst im ersten Satz besser heißen: Medienkompetenz bezeichnet Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten sowie Motivationen, die für ein sachgerechtes, selbstbestimmtes, kreatives und sozialverantwortliches Handeln in einer von Medien wesentlich mitbestimmten Welt notwendig sind. (S. 13)

Im nächsten Satz könnte es lauten: "... verbindliche Querschnittsaufgabe aller Fächer mit Schwerpunkten beim Lernen mit und über Medien." (S. 13)

Im dritten Absatz sollte es heißen: "... fächerübergreifende Fähigkeit zur Erfassung, Analyse und Bewertung von Texten, Alltagserlebnissen und gesellschaftlichen Herausforderungen." (S. 13)

Am Ende dieses Absatzes wäre die folgende Formulierung einfacher: "... wie auch sozialverantwortlich mit Medien umzugehen."

Im vierten Abschnitt wäre die folgende Reihenfolge besser: "... im Unterricht zur Unterstützung des inklusiven Lernens, zur Diagnose von Lernständen und der sich daraus abzuleitenden individuellen Förderung sowie zur altersgerechten gesellschaftlichen Teilhabe genutzt werden." (S. 13)

Zum Kompetenzmodell "Medienbildung" und zur grafischen Darstellung:

Wir haben große Bedenken, wenn ein Kompetenzmodell zur Medienbildung vorrangig über nur funktionale Begriffe wie Informieren, Kommunizieren, Präsentieren, Produzieren, Reflektieren und Analysieren eingeführt wird.

Abgesehen von der Überschneidung zwischen Präsentieren und Produzieren besteht dadurch u.E. generell die Gefahr, dass Medienbildung/ Medienkompetenz:

  • nur funktional verstanden wird,
  • die inhaltliche Seite von Medienbildung oder Medienkompetenz vernachlässigt oder gar ganz übersehen wird,
  • Medienkompetenz der Methodenkompetenz einfach untergeordnet wird und letztlich in Methodenkompetenz verschwindet.

Zudem entsteht so der oben bereits angesprochene Widerspruch zu den sinnvollen und weitergehenden vorherigen Erläuterungen im Text (die aber dann als "Präambel" leicht "überlesen" werden, wenn es "zur Sache" geht). Außerdem können die nur funktionalen Formulierungen - selbst wenn sie in den folgenden Bildungsstandards breiter und weitgehender im Sinne der medienpädagogischen Diskussion entfaltet werden - dazu führen, dass Fachlehrpersonen glauben, dass sie ohnehin das, was da steht (Informieren, Kommunizieren, Präsentieren usw.), sowieso schon alles tun. Wozu aber überhaupt noch Medienbildung, wenn alles doch schon beim Bemühen um Methodenkompetenz geleistet wird? Selbst beim Begriff "Produzieren" muss man nicht innehalten, weil z.B. ein produktionsorientierter Deutschunterricht schon lange zum methodischen Repertoire gehören dürfte.

Das Gegenargument, mit solchen funktionalen Begriffen könne man Lehrpersonen eher erreichen, erscheint uns angesichts der genannten möglichen Gefahren nicht gewichtig genug, um die verkürzende funktionale Sichtweise zu rechtfertigen.

Insofern halten wir es für notwendig, schon im Schaubild das Besondere der "Medienbildung" besser zu verdeutlichen. Wenn man die Akzentsetzungen des Lernens mit und über Medien beibehalten möchte, könnte man z.B. die drei ersten Kästchen im Sinne von Kompetenzbereichen folgendermaßen beschriften:

  • Medien zur Information und Erkenntnisgewinnung nutzen,
  • Medien zum Austausch bzw. zur Kommunikation nutzen,
  • Medien zur Präsentation bzw. für eigene Darstellungen nutzen.

Die folgenden drei Kompetenzbereiche könnten dann so folgendermaßen formuliert werden:

  • Mediengestaltungen bzw. ihre "Sprache" verstehen und bewerten,
  • Medieneinflüsse erkennen und beurteilen,
  • Bedingungen der Produktion und Verbreitung von Medien durchschauen und einschätzen (und Einfluss nehmen).
Damit wäre u.E. der Medienbildungsdiskussion wesentlich besser Rechnung getragen.

Zum Abschnitt 2.3

Aus den obigen Anmerkungen folgt, dass auch die Bildungsstandards zum Teil etwas modifiziert, etwas anders gegliedert und in einzelnen Teilen ergänzt werden müssten, obwohl Vieles in etwas anderer Gliederung übernommen werden könnte.

Zur leichteren Orientierung wäre u.E. zudem eine einheitlichere Untergliederung hilfreich. So könnte man die ersten drei Kompetenzbereiche z.B. jeweils in die folgenden Kompetenzaspekte gliedern:

  • Verschiedene Zugänge kennen und handhaben können,
  • Verschiedene Möglichkeiten vergleichen und bewerten,
  • Ausgewählte Möglichkeiten in reflektierter Weise nutzen.

Für die nächsten drei Kompetenzbereiche läge dann folgende Gliederung nahe:

Gestaltungsmöglichkeiten/ Medieneinflüsse/ Bedingungen der Produktion und Verbreitung
  • kennen und verstehen,
  • bewerten bzw. beurteilen,
  • Konsequenzen bedenken und realisieren.

Inhaltlich erscheinen die Formulierungen an mehreren Stellen nicht schlüssig. Kompetenzen und Inhalte müssen stärker voneinander abgegrenzt werden. Dies trifft z.B. auf folgende Abschnitte zu:

  • 2.3.3 Präsentieren in der Mediengesellschaft (S. 18)
  • 2.3.4 Produzieren: Veröffentlichung von Medienproduktion (S. 19)
  • 2.3.6 Reflektieren. Eigener Mediengebrauch: wer definiert "unsoziales Verhalten" (S- 21)

Die Formulierung der Unter-Überschriften erscheint an mehreren Stellen zum Teil sehr willkürlich und unsystematisch.

Im Ergebnis des Anhörungsverfahrens möge zudem die Altersangemessenheit der Formulierungen der Kompetenzniveaus noch einmal überprüft werden (bzgl. Niveau D). Dies trifft z.B. auf folgende Abschnitte zu:

  • 2.3.2 Kommunizieren: Kommunikationsbedingungen in der Mediengesellschaft. Die S können "die Medienlandschaft in ihren Grundzügen beschreiben." (S. 17) Anm.: Die S können wohl eher "ihre eigene" Medienlandschaft und ihre Medienwelt beschreiben.
  • 2.3.3 Präsentieren: Medienspezifische Gestaltungsprinzipien: Die S können "die Gestaltung von Präsentationen an den Zielen und Wirkungsabsichten ausrichten." Anm.: Auch hier fehlt ein klarer Bezug auf die Ziele der S, ihren Lebensweltbezug, z.B. wie in Punkt 2.3.5 (Orientierung im Medienangebot, S. 20) od. 2.3.6 (Medien in Politik und Gesellschaft, S. 22)

Erfahrungen aus anderen Bundesländern (z.B. Bremen) zeigen, dass eine grafische Darstellung (Matrix) der angestrebten Kompetenzentwicklung und der darauf basierenden Festlegung der Standards für die die Nachvollziehbarkeit und Handhabung in der Praxis sehr hilfreich ist. Die Untersetzung mit kurzen Hinweisen zu Beispielen wirkt zudem unterstützend.

Die Fachgruppe Schule bietet an, bei der Überarbeitung des Katalogs mitzuwirken.

Zum Abschnitt 2.4 (Glossar)

Das Glossar bedarf der dringenden Überarbeitung und Ergänzung. Angesichts der Fülle der Fachbegriffe im Basiscurriculum sollte das Glossar als Unterstützungsinstrument für die Lehrkräfte aufbereitet werden. Basis kann hierfür sinnvollerweise die KMK-Erklärung "Medienbildung in der Schule" sein, in der die wesentliche Begrifflichkeiten definiert werden, beispielsweise zur Begriffsschärfung Medienbildung: "Wichtiges Ziel der Medienbildung ist die altersangemessene Fähigkeit, das wachsende Medienangebot kritisch zu reflektieren, daraus sinnvoll und bedürfnisbezogen auszuwählen und Medien sowohl für die Entwicklung der eigenen Persönlichkeit als auch für die individuelle Lebensgestaltung angemessen, kreativ und sozial verantwortlich zu nutzen." (KMK 2012, S. 5)

In der Textstelle zum Jugendmedienschutz sollte es in der Mitte besser "zugleich" statt "zudem" heißen (es geht ja streng genommen nicht um Zusätzliches) Bei der Textstelle zu Medien sollte statt "der gegenseitigen Verständigung" u.E. genauer "des gegenseitigen Austausches" stehen.

Die Textstelle zur Medienbildung sollte es u.E. besser so formuliert werden:

Medienbildung umfasst sowohl das Lernen mit Medien als auch das Lernen über Medien. Die systematische und reflektierte Einbeziehung der Medien in Schule und Unterricht kann eine Lernkultur unterstützen, die durch fall- und problemorientiertes, kooperatives und kreatives Lernen mit zunehmender Selbststeuerung durch die Lernenden gekennzeichnet ist.

Die Textstelle zur Medienkompetenz sollte besser deckungsgleich zu oben oder in erweiterter Weise so formuliert werden: Medienkompetenz umfasst Kenntnisse zu den Gestaltungsmöglichkeiten, zu ihren Einflüssen und zu den Bedingungen der Medienproduktion und Medienverbreitung sowie die Fähigkeit und Bereitschaft, vorhandene Medienangebote sachgerecht, selbstbestimmt, kreativ und sozialverantwortlich zu nutzen und eigene Medienbeiträge in entsprechender Weise zu gestalten.

C Ausblick

Für eine erfolgreiche Implementierung der Medienbildung in Schule und Unterricht müssen verschiedene Stellschrauben berücksichtigt werden. Dazu hat die Fachgruppe in ihrem Positionspapier 2011 ausführliche Hinweise gegeben. Es braucht neben der Formulierung von Standards im Rahmenlehrplan weitere Maßnahmen, z.B. die Berücksichtigung in den Prüfungsvoraussetzungen und -anforderungen für die Schüler sowie in der Lehrerausbildung, um einen nachhaltigen Erfolg zu verzeichnen.

Insbesondere die Unterstützung vor Ort durch Beratung bei der Entwicklung der schulinternen Curricula sei an dieser Stelle noch einmal deutlich hervorgehoben.

D Über die Autoren

Die Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur e.V. (GMK) wurde 1984 als bundesweiter Zusammenschluss von Fachleuten aus den Bereichen Bildung, Kultur und Medien gegründet und ist der größte medienpädagogische Dach- und Fachverband für Institutionen und Einzelpersonen in der Bundesrepublik Deutschland. Als Fachverband der Bildung, Kultur und Medien setzt sich die GMK für die Förderung von Medienpädagogik und Medienkompetenz ein. Sie bringt medienpädagogisch Interessierte und Engagierte aus Wissenschaft und Praxis zusammen und unterstützt für Information, Austausch und Transfer.

Der fachliche Diskurs und die Arbeit an Schwerpunktthemen werden in Fachgruppen umgesetzt. Die Fachgruppe Schule der GMK beschäftigt sich demnach mit Fragen der Medienpädagogik in der Schul- und Unterrichtspraxis, der Lehreraus-, -fort- und -weiterbildung.

Die vorliegende Stellungnahme zum Entwurf des neuen Rahmenlehrplans für Berlin und Brandenburg im Anhörungsverfahren ist Ergebnis der Arbeit der Fachgruppe, vor allem im Rahmen der Arbeitstagung am 25.03.2015 in Berlin. Wesentliche Grundlage hierfür bildeten die Stellungnahmen von G. Tulodziecki und G. Thiele.

Ansprechpartnerin: Ilka Goetz, goetz@bits21.de

Weitere Informationen zur GMK: http://www.gmk-net.de

Sprecher/-innen der Fachgruppe Schule: Heike Wilhelm, Christian Kleinhanß, Ilka Goetz

Literatur

GMK Fachgruppe Schule, Medienbildung nachhaltig in der Schule verankern!, Positionspapier (März 2011) http://www.produktive-medienarbeit.de/ressourcen/bibliothek/positionspapiere/gmk_fgschule_11.shtml

Materialkompass Verbraucherbildung http://www.verbraucherbildung.de/materialkompass/

Medienbildung in der Schule (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 8. März 2012) http://www.kmk.org/fileadmin/veroeffentlichungen_beschluesse/2012/2012_03_08_Medienbildung.pdf

SODIS http://www.sodis.de/