Modullehrplan "Medien und Informatik" im "Lehrplan 21" (2014)

Ende Oktober 2014 hat die Deutschschweizer Erziehungsdirektoren-Konferenz den überarbeiteten, jetzt insgesamt 470-seitigen "Lehrplan 21" für die 21 deutsch- und mehrsprachigen Kantone zur Einführung freigegeben. Insgesamt werden "363 Kompetenzen in 2300 Kompetenzstufen beschrieben" ( Rahmeninformationen, S. 23). Über die endgültige Einführung werden die Kantone einzeln entscheiden. Der kompetenzorientierte Plan gilt für zwei Jahre Kindergarten, sechs Jahre Primarschule und drei Jahre Sekundarstufe I.

Ausgehend vom Gesamtverständnis von "Schule als Gestaltungs-, Lern- und Lebensraum" wird betont, dass über die gesamte Zeit und in allen Fachbereichen neben fachlichen Kompetenzen immer auch personale, soziale und methodische Kompetenzen absichtsvoll gefördert werden sollen. Dies gehöre "zum verbindlichen Auftrag der Lehrpersonen". (Grundlagen, S. 11) Diese drei "überfachlichen Kompetenzen" werden differenziert aufgeschlüsselt (Grundlagen, S12 ff) Im Bereich Didaktische Qualitätsmerkmale wird gleichgewichtig neben der fachlichen auch die "lebensweltliche Bedeutsamkeit der Unterrichtsinhalte und Lernaufgaben" (S. 7) betont.

Die Förderung von Medienkompetenz wird in dem 2014 vollständig überarbeiteten 18-seitigen Modullehrplan "Medien und Informatik" thematisiert.

Dabei wird vorab eine problematische Einengung vorgenommen: "Module umfassen zeitlich und inhaltlich begrenzte Aufgaben der Schule..." - (Rahmeninformationen, S.17)

Die halbseitigen Vorgaben für die "Kompetenzbereiche ICT und Medien" der "Grobstruktur Lehrplan 21" von 2011 wurden ausgearbeitet: Zu den Bereichen Medien, Informatik und den gesondert ausgewiesenen "Anwendungskompetenzen" werden jeweils stufenbezogene Teilkompetenzen benannt.

Anwendungskompetenzen (S.7 - 9)

Handhabung (unterteilt in 5 Teilkompetenzen)
Beispiel: "Die Schülerinnen und Schüler können Geräte ein- und ausschalten, Programme starten und beenden, einfache Funktionen nutzen, sich mit dem eigenen Login anmelden."

Recherche und Lernunterstützung (unterteilt in 3 Teilkompetenzen)
Beispiel: "Die Schülerinnen und Schüler können mit Hilfe von vorgegebenen Medien lernen und Informationen zu einem bestimmten Thema beschaffen (z.B. Buch, Zeitschrift, Lernspiel, Spielgeschichte, Webseite)."

Produktion und Präsentation (unterteilt in 8 Teilkompetenzen)
Beispiel: "Die Schülerinnen und Schüler können Medien zum gegenseitigen Austausch sowie zum Erstellen und Präsentieren ihrer Arbeiten einsetzen (z.B. Brief, E-Mail, Klassenzeitung, Klassenblog, gestalten von Text-, Bild-, Video- und Tondokumenten)."

Medien (S.10 - 12)

1. "Die Schülerinnen und Schüler können sich in der physischen Umwelt sowie in medialen und virtuellen Lebensräumen orientieren und sich darin entsprechend den Gesetzen, Regeln und Wertesystemen verhalten". - "Leben in der Mediengesellschaft" (unterteilt in 7 Teilkompetenzen)

2. "Die Schülerinnen und Schüler können Medien und Medienbeiträge entschlüsseln, reflektieren und nutzen." - "Medien und Medienbeiträge verstehen" (unterteilt in 9 Teilkompetenzen)

3. "Die Schülerinnen und Schüler können Gedanken, Meinungen, Erfahrungen und Wissen in Medienbeiträge umsetzen und unter Einbezug der Gesetze, Regeln und Wertesysteme auch veröffentlichen." - "Medien und Medienbeiträge produzieren" (unterteilt in 8 Teilkompetenzen)

4. "Die Schülerinnen und Schüler können Medien interaktiv nutzen sowie mit anderen kommunizieren und kooperieren." - "Mit Medien kommunizieren und kooperieren" (unterteilt in 6 Teilkompetenzen)

Informatik (S. 13 - 15)

1. "Die Schülerinnen und Schüler können Daten aus ihrer Umwelt darstellen, strukturieren und auswerten." - "Datenstrukturen" (unterteilt in 12 Teilkompetenzen)

2. "Die Schülerinnen und Schüler können einfache Problemstellungen analysieren, mögliche Lösungsverfahren beschreiben und in Programmen umsetzen." - "Algorithmen" (unterteilt in 10 Teilkompetenzen)

3. "Die Schülerinnen und Schüler verstehen Aufbau und Funktionsweise von informationsverarbeitenden Systemen und können Konzepte der sicheren Datenverarbeitung anwenden." - "Informatiksysteme" (unterteilt in 14 Teilkompetenzen)

Schon 2011 waren die Fachbereichsteams beauftragt worden, die damals formulierten Kompetenzen "in die Fachbereichslehrpläne einzubauen und mit Querverweisen zu kennzeichnen." (Grobstruktur Lehrplan 21, S.4)

Im jetzt vorgelegten Lehrplan 21 sind solche Verweise zwar angekündigt, im Modullehrplan aber sind weder die vorgesehenen Querverweise noch die "Orte der Erarbeitung" ausgeführt.

Das dem Modullehrplan zugrunde liegende Bildungsverständnis wird deutlich, wenn zum Aspekt "Lebensweltperspektive" formuliert wird: "Bereits vor Schuleintritt begegnen und nutzen Kinder heute zahlreiche Medien. Eine zentrale Aufgabe der Schule besteht darin, diesen vor- und ausserschulischen Mediengebrauch als Ressource und Erfahrungsfeld aufzugreifen und die Schülerinnen und Schüler zu einer vertieften Reflexion dieser Erfahrungen und Fähigkeiten zu führen. Die Bildung der eigenen Persönlichkeit, der kulturellen Identität, der Erwerb personaler und sozialer Kompetenzen geschieht heute auch in Auseinandersetzung mit Medien. Ein Verständnis der zugrunde liegenden Technologien und Informatikkonzepte ist nicht nur Voraussetzung für diese Auseinandersetzung, sondern ermöglicht auch das Verstehen und Mitgestalten zukünftiger Entwicklungen." S.4

Bei den didaktischen Hinweisen wird hervorgehoben: "Neben dem Sachwissen spielen pädagogische Aspekte in der Medienbildung eine Rolle, dazu gehören etwa Identitätsbildung, Förderung von Kreativität, Wahrnehmungs- und Ausdrucksfähigkeit und ethische Überlegungen. Um eigene Medienerfahrungen konstruktiv verarbeiten zu können, ist es für Schülerinnen und Schüler wichtig, diese im Unterricht einbringen und diskutieren zu können" (S.6)

Schön, solche subjektbezogenen Zielsetzungen in einem offiziellen, zwischen zahlreichen Institutionen in einem mehrjährigen Prozess abgestimmten Lehrplan lesen zu können.

Schade, dass der Modullehrplan im Vergleich zu den anderen Bereichen wenig ausgearbeitet ist, die vorgesehenen Konkretisierungen und die Querverweise für fächerübergreifendes Lernen (noch) fehlen und genauere Formulierungen und präzise Festlegungen zur institutionell abgesicherten Umsetzung im Schulalltag fehlen. So muss abgewartet werden, ob diese noch beschlossen werden und wie und in welchem Umfang die einzelnen Kantone "Zeitgefässe bereitstellen und die Zuständigkeiten regeln." (Rahmeninformationen, S.17)

In dem nicht verbindlichen "Fachbericht Stundentafel" vom Dezember 2014 werden hierfür je eine Wochenstunde nur in den Klassen 5,6,7 und 9 vorgeschlagen.