Torsten Bachem, 3 Artikel zur Medienkonvergenz (2009)

Medienkonvergenz

Das Spiel zum Film, der Film zum Spiel - Fankultur, marketingtechnisches Trittbrettfahren, reine Gewinnmaximierung oder ein Phänomen unserer komplexen Medienwelt? Die neue spielbar-Reihe Medienkonvergenz widmet sich medialen Verflechtungen. Hier einführend ein paar Fakten.

Die Verbindung zwischen Spielen und Filmen ist nur ein Aspekt in einer Vielzahl von Wechselbeziehungen, die sich unter dem Begriff Medienkonvergenz zusammenfassen lassen. Diese können die Inhalte der Medien betreffen, sich aber auch auf wirtschaftlicher oder technischer Ebene vollziehen. Inhaltliche Medienkonvergenz umfasst alle Bezüge eines Mediums auf den Inhalt eines anderen. Auf einen neuen Kinofilm wird beispielsweise in Zeitschriften oder auf Internetseiten verwiesen. Nach der Kinolaufzeit wird dieser dann auf DVD veröffentlicht und später im Fernsehen gesendet. Es erscheinen zudem ein Buch und ein Spiel zum Film sowie der Soundtrack auf CD. Es gibt ein Internetforum, in dem sich Fans austauschen als auch ein Downloadportal, welches die Titelmelodie als Klingelton sowie Bilder und Clips von populären Filmszenen für das Handy anbietet. Alle Medien beziehen sich dabei auf ein und denselben Inhalt.

Derartige Prozesse können Selbstläufer sein, beispielsweise wenn sich in Internetforen über einen interessanten Zeitungsartikel ausgetauscht wird, die Ursache ist aber oft rein wirtschaftlicher Natur.

Medienübergreifende Vermarktungsketten werden beispielsweise schon vor der Veröffentlichung eines Produktes geplant und, sei es aufgrund des großen Erfolges oder eben weil dieser ausbleibt, im Nachhinein erweitert. Der Transfer von Inhalten über mehrere Medien hinweg ist keine Seltenheit mehr und konfrontiert viele Eltern mit einer Kette an Kinderwünschen. Die Lektüre des neusten Harry Potterbuches zieht in der Regel auch einen Kinobesuch sowie den Kauf eines Spieles, einer DVD oder sogar einer Legoburg nach sich. Wirtschaftliche Medienkonvergenz zeigt sich dagegen im Aufweichen und Überschreiten der Grenzen zwischen unterschiedlichen Industriezweigen. Filmstudios arbeiten beispielsweise immer enger mit Spieleherstellern zusammen, aber auch einzelne Unternehmen decken mit ihrem Angebot oft mehrere Medienzweige ab.

Technische Medienkonvergenz bezieht sich auf multifunktionale Geräte, in denen traditionell getrennte Kommunikationswege vereint werden. Moderne Handys sind das beste Beispiel dafür. Dies ist jedoch nicht unproblematisch. Denn es wird für Jugendliche immer leichter, auf Inhalte zuzugreifen, für die es keine gesetzliche Alterskennzeichnung durch die Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle gibt.

Weiter geht es in der spielbar-Reihe Medienkonvergenz in den kommenden Wochen mit "Das Spiel zum Film - der Film zum Spiel", "Das Medienkonvergenz Monitoring" sowie "Virtuelle Helden der Popkultur".

Quelle:
Dieser Text ist unter der Creative-Commons-Lizenz by-nc-nd/2.0/de veröffentlicht.
http://www.spielbar.de/neu/2009/04/spielbar-themenschwerpunkt-medienkonvergenz/#more-3651

Medienkonvergenz: Das Spiel zum Film - Der Film zum Spiel

Es ist kein neues Phänomen, dass populäre Filme das inhaltliche Material liefern, aus dem Computer- und Konsolenspiele gemacht werden. Bereits in den 80er Jahren erschienen Versionen von Kinoklassikern wie Tron oder King Kong auf Spielautomaten und Konsolen. spielbar liefert eine aktuelle Bestandsaufnahme.

Heutzutage ist es keine Seltenheit mehr, dass einem populären Kinofilm ein Spiel folgt, welches sich thematisch an diesem orientiert. Mit dem Erfolg des Filmes steigt die Wahrscheinlichkeit, dass der Inhalt weiterverwendet wird. Dieses Phänomen betrifft nicht nur Kinofilme sondern macht auch vor beliebten TV-Serien wie "Lost" nicht halt. Zumeist erfolgt dieser Inhaltstranfer zeitverzögert, mitunter ist aber schon vor der Veröffentlichung des Filmes ein Spiel in Arbeit oder beide werden sogar fast zeitgleich auf dem Markt platziert. Besonders bei den Animationsfilmen von Disney gehört das dazugehörige Spiel mittlerweile zum Standard.

Der Protagonist bzw. die Protagonistin des Films oder der Serie wird in der Regel zur Spielfigur, die Intensität der inhaltlichen Anlehnung kann aber darüber hinaus stark divergieren. Mitunter stellt der ganze Plot des Filmes den Handlungsrahmen eines Spieles dar. Nicht nur Kontext sowie Figuren sind identisch, sondern auch die filmische Narration wird in der Anordnung einzelner Level umgesetzt. In den meisten Fällen sind die Ähnlichkeiten jedoch nicht so exakt. Die Spiele orientieren sich zwar inhaltlich am filmischen Vorbild, spiegeln jedoch nicht dessen Handlung und Details in Gänze wider. "Asterix bei den Olympischen Spielen" oder "Harry Potter und der Orden des Phönix" sind gute Beispiele hierfür.

Andere Spiele spinnen dagegen die Handlung eines Filmes oder einer Serie weiter. Die Inhalte dienen dann nur als Ideenlieferanten oder als Fundamente einer neuen Geschichte. Einzelne Facetten, Details oder Figuren sind der Grundstoff, aus dem eine neue Story geschaffen wird. Im Falle von "Itchy and Scratchy - Golf Madness" werden die Nebenfiguren aus der Simpsons Serie sogar zu den Hauptakteuren in einem Spiel. "Lego Indiana Jones" ist wieder ein anderer Fall. Es vereint nicht nur die Handlungselemente und Akteure verschiedener Indiana Jones Filme, sondern verweist zudem noch auf die beliebten Kinderbausteine. Noch ein besonderes Beispiel für Medienkonvergenz ist das Spiel zu der TV-Serie "24", welches als Brücke zwischen der zweiten und der dritten Serienstaffel angelegt ist und damit in funktionaler Beziehung zur Vorlage steht.

Die Qualität der Spiele zum Film ist jedoch äußerst verschieden und in vielen Fällen als schlecht zu bewerten. Es mangelt oft an Spielkonzept und Umsetzung. Der Vorwurf, dass sich die Hersteller zu stark auf die Popularität der Filme verlassen, ist durchaus berechtigt. Schon frühe Flops, wie beispielsweise der vergleichsweise geringe Verkaufserfolg des Spieles zum E.T.-Film, verdeutlichen, dass der Ruhm der Vorlage noch kein Garant für eine große Nachfrage ist. Letztendlich bleibt die Qualität für Spielende entscheidend. Ein aktuelles Beispiel für eine ähnlich schlechte Umsetzung ist das Computerspiel zur angesagten Fernsehserie "Greys Anatomy", dessen billiges Spielkonzept und langweilige Handlung selbst hart gesottene Serienfans verschrecken dürfte.

Dass die Konvergenz zwischen Spielen und Filmen kein einseitiger Transfer von Inhalten ist, verdeutlicht die wachsende Anzahl an Spielverfilmungen. Auch hier werden charakteristische Elemente von einem Medium in ein anderes übertragen und verarbeitet. Das betrifft vor allem das Aussehen und die Namen der Spielfiguren sowie den Handlungskontext. Im Film "Super Marios Bros." treten beispielsweise fast alle wichtigen Akteure des Spieles auf und auch auf das Springprinzip des Jump&Run wurde im Film durch hydraulische Stiefel verwiesen.

Großer Beliebtheit beim Publikum erfreuten sich "Tomb Raider" oder "Resident Evil". Beide Filme haben es trotz kleinerer Schwächen geschafft, die Atmosphäre ihrer Pendants gut einzufangen und wiederzugeben. Viele andere Versuche, populäre Spiele wie "Street Fighter" oder "Far Cry" auf die Leinwand zu bringen, scheiterten jedoch an ihrer schlechten Umsetzung und dem Fehlen einer spannenden Story. Denn letztendlich liefern Spielgenres wie Ego-Shooter oder Beat' em Up nicht so viele Angriffspunkte für eine filmische Umsetzung, wie es bei einem Adventure möglich ist. Schaffen es Autoren und Regisseure nicht, dies auszugleichen, ist ein mittelmäßiges Werk vorprogrammiert.

Neben Filmen, die sich inhaltlich stark an der Spielvorlage orientieren, gibt es auch diverse Parodien oder kleine Verweise auf bestimmte Computerspiele. Ein Musterbeispiel hierfür ist die mit dem Emmy ausgezeichnete Southpark-Folge "Make Love not WarCraft", welche auf ironisch bissige Art verschiedenste Aspekte des Spieles und der dazugehörigen Kultur thematisiert. Das Zusammenarbeiten von Spiele- und Filmbranche hat pragmatische und ökonomische Gründe. Zum einen liegt es nahe die Animationen der Filme auch für die Spiele zu verwenden, zum anderen versuchen Filmstudios mit dem Verkauf von Lizenzen sinkenden DVD-Absatzzahlen entgegen zu wirken. Die Spielehersteller profitieren wiederum von der Werbekampagne des Filmes und haben immer öfter direkten Zugang zum Set und Filmmaterial. Umgekehrt versuchen auch Filmstudios die Popularität einiger Spiele für sich zu nutzen.

Quelle:
Dieser Text ist unter der Creative-Commons-Lizenz by-nc-nd/2.0/de veröffentlicht.
http://www.spielbar.de/neu/2009/04/spielbar-themenschwerpunkt-medienkonvergenz-das-spiel-zum-film-%E2%80%93-der-film-zum-spiel/

Das Medienkonvergenz Monitoring

Um Risiken oder Potenziale von Medienkonvergenz erkennen und abschätzen zu können, ist es unabdingbar zu wissen, welchen Stellenwert diese im Alltag von Kindern und Jugendlichen einnimmt. Das Medienkonvergenz Monitoring liefert die nötigen Daten dafür.

Welche Bedeutung haben konvergierende Medienwelten für Kinder und Jugendliche? Wie gehen sie mit medienübergreifenden Inhalten um und welche Angebote nutzen sie tatsächlich? Das Medienkonvergenz Monitoring bringt seit 2003 Licht ins Dunkel und beantwortet mit umfangreichen Daten Fragen dieser Art. Für die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ist es dabei grundlegend, Medienkonvergenz aus dem Blickwinkel der Kinder und Jugendlichen zu betrachten. Allein aus dem Vorhandensein multifunktionaler Geräte oder medienübergreifender Inhalte lassen sich noch keine Rückschlüsse auf das Ausmaß und die Art der Nutzung ziehen.

Im Medienkonvergenz Report 2008 wurden die Ergebnisse einer Befragung von über 5000 Internetnutzerinnen und -nutzern zwischen 12 und 19 Jahren zusammengefasst. Demnach haben fast alle Heranwachsende Zugang zu einem Computer. Dieser wird aber mehr als dreimal häufiger von männlichen Jugendlichen als Spielplattform genutzt, als von Mädchen. Von den 12- bis 13-jährigen Jungen spielen wiederum über die Hälfte am PC, bei den 18- bis 19-Jährigen sind es dagegen schon deutlich weniger. 97 Prozent der Heranwachsenden gehen mit dem Computer ins Internet. Dort werden nicht nur Informationen, sondern vor allem Unterhaltung gesucht.

Die Mehrheit der Kinder und Jugendlichen nutzt ergänzend zu ihren Lieblingsspielen auch verschiedene Zusatzangebote. Jungen sehen sich dabei viel häufiger als Mädchen Videos zu Spielen an oder veröffentlichen Beiträge über diese im Internet. Derartige Unterschiede führen die Forscherinnen und Forscher auf divergierende Geschlechterpräferenzen zurück. Jungen sind im Bereich der Computerspiele aktiver als Mädchen, welche sich dagegen intensiver mit Filmen und Fernsehsendungen beschäftigen. Das Internet stellt in beiden Fällen das favorisierte Medium dar, um bestimmte Inhalte weiterzuverfolgen. Obwohl fast alle Heranwachsenden über ein Handy verfügen, wird das kaum zu diesem Zweck genutzt. Weniger als 10 Prozent der Befragten surfen mit dem Handy im Internet.

Neben dem Geschlecht spielt auch der Bildungshintergrund bei der Nutzung von Zusatzangeboten eine wesentliche Rolle. Haupt- und Realschüler bedienen sich eines breiteren Spektrums und einer größeren Zahl an ergänzenden Angeboten zu einem bevorzugten Inhalt. Ein Computerspiel zu einer Fernsehserie oder ein Video zum Spiel kommt bei ihnen besser an, als bei Mädchen und Jungen, die das Abitur anstreben oder bereits erreicht haben.

Der Online-Spieler-Report 2008 befasst sich dagegen ausschließlich mit den Kindern und Jugendlichen, die im Internet spielen - immerhin zwei Drittel der Heranwachsenden zwischen 12 und 19 Jahren. 84 Prozent der befragten Onlinespielerinnen und -spieler sind Mitglieder von Clans oder Gilden, fast alle spielen Multiplayerspiele. Soziale Aspekte, wie das Kommunizieren oder gemeinsame Agieren mit anderen Spielenden, sind ihnen besonders wichtig. Zudem sind Spiele wie Counter-Strike oder World of Warcraft auf das gemeinsame Spiel angelegt. So spielen die meisten Onlinespielerinnen und -spieler häufiger und länger in Gruppen als allein gegen andere. Der Computer wird nur bei 17 Prozent der Befragten als Gegner genutzt.

Auch im Bereich der Onlinespiele zeigen sich deutliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Jungen überwiegen nicht nur zahlenmäßig, sondern spielen auch öfter und länger als Mädchen. Rollen- und Strategiespiele sind bei Jungen und Mädchen gleichermaßen beliebt, letztere ziehen darüber hinaus aber Geschicklichkeitsspiele dem Ego-Shooter vor. Das erklärt warum mehr Spielerinnen als Spieler allein im Internet daddeln.

Überraschend ist, dass für Onlinespielende das Handy bisher kaum als Alternativmedium zum PC in Frage kommt. Nur wenige nutzen es zum Spielen im Internet. Vor allem die hohen Kosten sowie die schlechtere Grafik werden als Grund dafür genannt. Doch das Interesse am mobilen Onlinespielen ist bei den befragten Heranwachsenden vorhanden. Die Leistungsfähigkeit von Handys verbessert sich stetig und auch die Verbindungskosten sinken. Somit ist davon auszugehen, dass das Mobiltelefon als Plattform für Onlinespiele in Zukunft an Bedeutung gewinnt. spielbar wird diese Entwicklung natürlich im Auge behalten.

Weblinks:
Homepage Medienkonvergenz Monitoring
Medienkonvergenz Monitoring Report 2008 (PDF-Datei)
Medienkonvergenz Monitoring Online-Spieler-Report 2008 (PDF-Datei)

Quelle:
Dieser Text ist unter der Creative-Commons-Lizenz by-nc-nd/2.0/de veröffentlicht.
http://www.spielbar.de/neu/2009/05/spielbar-themenschwerpunkt-das-medienkonvergenz-monitoring/