Sechs für Berlin diskussionswürdige Empfehlungen in der Studie von Six u.a. (2007)

G.Thiele, Materialien für das Forum 4 am 20.11.07

Als Folge ihrer komplexen Studie und der differenzierten Auswertungen formulieren Six u.a. eine Reihe von auch für Berlin diskussionswürdigen Schlussfolgerungen und Empfehlungen. Solche Aussagen habe ich hier in Auswahl zusammengestellt:

1. Zur nachhaltigen Verbesserung der Situation müsste vordringlich an der Erkenntnis angesetzt werden, dass es den Erzieherinnen überwiegend an einer klaren Vorstellung darüber mangelt

  • "was genau eigentlich Medienerziehung ist,
  • welche Ziele aus welchen Gründen mit diesem Bereich zu verbinden sind und weshalb Medienerziehung wichtig ist,
  • welche relative Bedeutsamkeit der Medienerziehung im Rahmen der zahlreichen Bildungsaufträge beizumessen ist und
  • wie eine Umsetzung gegebenenfalls auch ohne aufwändige Maßnahmen und Vorbereitungen möglich ist."

Deshalb sei es nicht verwunderlich, wenn nur eine kleine Minderheit an Information zu und Auseinandersetzung mit Fragen der Medienerziehung interessiert ist und Fortbildungsangebote, Informationsmaterialien und Hilfestellungen zur Medienerziehung annimmt.

2. "In der Ausbildung der pädagogischen Fachkräfte von Kindertageseinrichtungen muss die Vermittlung einer umfassenden medienpädagogischen Kompetenz fest verankert und im Rahmenlehrplan explizit als Pflichtbereich enthalten sein. Medienerziehung sollte dementsprechend als Fach, bzw. eigenständiger Ausbildungsbereich wieder eingeführt werden." ... "Medienpädagogische Ausbildungsanteile dürfen in ihrem Umfang, ihrer curricularen Zuordnung und Prüfungsrelevanz sowie in ihrer inhaltlichen Breite und Ausgestaltung nicht den Ausbildungsinstitutionen und einzelnen Lehrkräften anheim gestellt werden."

3. "Zur Vermittlung einer umfassenden medienpädagogischen Kompetenz der künftigen pädagogischen Fachkräfte bedarf es aufseiten der für medienpädagogischen Inhalte verantwortlichen Lehrkräfte in der Erzieherinnenausbildung einer entsprechend fundierten einschlägigen Qualifikation." ... "Dementsprechend sollte eine einschlägige Ausbildung oder zumindest eine standardisierte medienpädagogische Postgraduiertenausbildung als Einstellungsvoraussetzung für ein solches Lehramt eingeführt werden. Für die bereits in der Erzieherinnenausbildung tätigen Lehrkräfte muss die Teilnahme an einer umfassenden standardisierten Fortbildung verpflichtend gemacht werden."

4. Es sollten verstärkt regelmäßige gemeinsame medienpädagogische Fortbildungen für Erzieherinnen und Grundschullehrkräfte durchgeführt werden. Überlegt werden sollte, ob solche Fortbildungen verpflichtend gemacht werden müssten.

5. Für die einzelnen Kindergärten sollte ein klares medienpädagogisches Konzept als Teil der Gesamtkonzeption verpflichtend entwickelt werden - gegebenenfalls im Kontext der Gesamtkonzeption der Einrichtungsträger. Bei der Konzeptentwicklung und -implementierung könnten die Landesanstalt und die GMK eine unterstützende Rolle übernehmen.

6. Es sollten den Einrichtungen medienpädagogisch kompetente Beratungskräfte zur Verfügung stehen.

Übersicht untersuchter Variablen bei Six u.a. 2007

Situation der medienpädagogischen Ausbildung angehender Erzieherinnen

  • Curriculare Rahmenbedingungen (Medienpädagogische Inhalte und Zeitrahmen)
  • medienpädagogische Qualifikation der Lehrkräfte
  • Struktur, Schwerpunktsetzungen und Inhalte des Lehrangebotes (Zeitrahmen?)

institutionelle und strukturelle Rahmenbedingungen der Einrichtungen

Bedingungen für die Medienerziehung auf Seiten der Erzieherinnen

  • medienpädagogische Qualifikation (Ausbildung, medienpädagogische Fortbildung, Kenntnis gängiger Materialien zur Medienerziehung, Bewertung der Aus- und Fortbildung, formulierter Bedarf an Hilfestellungen)
  • Private Medienausstattung und Mediennutzungserfahrungen; Einschätzung der eigenen Medienkompetenz
  • Kenntnisse und Annahmen zur Mediennutzung und zu Medienpräferenzen von Kindern
  • Medienbezogene Problemwahrnehmung (einschließlich grundsätzlicher Einstellungen zu Medien, Bewertung von Medien und neueren Entwicklungen im Medienbereich, Problemsicht mit Blick auf den Medienumgang mit Kindern, dessen Voraussetzungen und Wirkungen) Vorstellungen und Ansichten zur Medienerziehung im Kindergarten (Aufgaben von Medienerziehung, Einschätzung des medienpädagogischen Handlungsbedarfs, der subjektiven Wichtigkeit von Medienerziehung sowie der entsprechenden Motivation)

Praxis der Medienerziehung und der medienpädagogischen Elternarbeit.

  • Umfang, Praxisstrategien,. Handlungsformen und einzelne Aktivitäten (incl. Nutzung von Praxismaterialien)
  • Bewertung der praktizierten Medienerziehung einschließlich möglicher Probleme und Hinderungsgründe

Quelle:

Six, U., Gimmler, R., Förderung von Medienkompetenz im Kindergarten. Eine empirische Studie zu Bedingungen und Handlungsformen der Medienerziehung, Berlin (Vistas) 2007, Schriftenreihe Medienforschung der LfM Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen, Band 57, 359 Seiten, ISBN 978-3-89158-459-0, 21,- Euro

Hinweis:

Eine Zusammenfassung der Ergebnisse der Studie steht als PDF-Dokument (69 KB) zum Download bereit:
http://www.lfm-nrw.de/downloads/medienkom-kiga-zusamm.pdf