Projektgruppe Bildung und Forschung der Enquete-Kommission "Internet und digitale Gesellschaft", Grundlegende Medienbildung sicherstellen (2013)

Um als Individuum und als Gesellschaft von den Chancen digitaler Medien zu profitieren, muss sichergestellt werden, dass keine Schülerin und kein Schüler die Schule mehr ohne grundlegende Medienbildung verlässt. Dazu müssen mehrere Maßnahmen ergriffen werden, die an unterschiedlichen Ebenen und Zuständigkeitsbereichen ansetzen.

Für die schulische Medienbildung sind bundesweit einheitlich Mindeststandards zur Medienkompetenz in den verschiedenen Altersstufen zu entwickeln. Zur Überprüfung und Qualitätssicherung dieser Standards sind Instrumente und Maßnahmen in Kooperation mit Schulforschung und medienpädagogischer Forschung auszuarbeiten.

Jede Schule sollte ein fächer- und jahrgangsübergreifendes Medienbildungskonzept als Teil des Schulprogramms entwickeln und umsetzen. Das bedeutet, die Verankerung von Medienbildung in den Prüfungen und Lehrplänen für alle Fächer. Gerade im Kontext der digitalen Medien müssen notwendige Aktualisierungen hier zeitnah erfolgen. Den Lehrkräften sind zur Umsetzung angemessene (didaktische) Hilfestellungen und Materialien zur Verfügung zu stellen. Auch muss die Medienbildung im länderspezifischen Qualitätsrahmen zur Schulentwicklung verankert werden.

Ebenso müssen die Belange von Menschen mit Behinderung sowie die besondere Situation sozial benachteiligter Kinder und Jugendlicher dabei Berücksichtigung finden.
In der Umsetzung kann dies zu schulartspezifischen Besonderheiten führen. Zur Förderung der Medienbildung sozial Benachteiligter scheinen dabei insbesondere Ansätze geeignet, die dem Konzept der Ganztagsbildung folgen und an der Lebenswelt der Kinder und Jugendlichen orientiert sind. Das bedeutet, dass sich Medienbildung nicht nur auf kognitive Aspekte beziehen soll, sondern auch symbolische, visuelle, körperliche und spielerische Elemente berücksichtigt.

Gleichsam gilt es, auf der Ebene der Lehreraus- und -fortbildung anzusetzen. Eine Aufnahme und Fortentwicklung medienpädagogischer Kompetenzen für das Lehrerhandeln in einer digitalen Gesellschaft sind in der Lehrerausbildung und der Lehrerbildungsforschung dringend notwendig. Keine Lehrperson darf die Lehrerausbildung ohne Kompetenz zur Medienbildung abschließen. Zugleich muss die Entwicklung der Kompetenz zur Medienbildung ein verbindlicher Bestandteil der Fort- und Weiterbildung sein. Das erfordert die Formulierung von akkreditierungsrelevanten Bildungsstandards durch die Kultusministerkonferenz (KMK) und die Aufnahme in das System der Aus-, Fort- und Weiterbildung. Konkret bedeutet dies, dass in allen pädagogischen Studiengängen und Ausbildungsbereichen eine medienpädagogische Grundbildung als verbindlicher und prüfungsrelevanter Bestandteil der pädagogischen Ausbildung in Form eines Moduls verankert werden sollte. Daher sollte eine Überarbeitung und eine Erweiterung der KMK-Standards von 2004 zur Lehrerbildung stattfinden und Berücksichtigung bei der Novellierung der jeweiligen Studien- und Prüfungsordnungen finden. (509)
Angesichts der hohen Dynamik digitaler Medienentwicklung sind stärkere Anreize oder auch eine Verpflichtung zur entsprechenden Fort- oder Weiterbildung für bereits berufstätige Pädagoginnen und Pädagogen in Betracht zu ziehen.

Zur Untersuchung der Verankerung von medienpädagogischen Inhalten in pädagogischen Studiengängen und Ausbildungsbereichen sollte eine Bund-Länder-Studie durchgeführt werden. Weiterhin sollten in Zusammenarbeit von akademischen Fachgesellschaften, der Hochschulrektorenkonferenz und der Kultusministerkonferenz für die verschiedenen Ausbildungswege akkreditierungsrelevante Standards zu Medienbildung und medienpädagogischer Kompetenz formuliert werden.

Neben einer medienpädagogischen Grundbildung für alle Lehrkräfte sollte an jeder Schule die Implementierung einer Fachkraft (510) in Betracht gezogen werden, die bei Neuerungen interne Multiplikatorenfunktionen übernimmt und im Rahmen der Schulentwicklung die Konzipierung, Fortschreibung und Umsetzung eines Medienentwicklungsplans beziehungsweise eines medienpädagogischen/mediendidaktischen Rahmenkonzepts sicherstellt. Die hierfür benötigten Fähigkeiten müssen über eine Zusatzqualifikation vermittelt werden. Die Teilnahme an derartigen Angeboten muss attraktiv gestaltet und mit Funktionen an Schulen gekoppelt werden. In jedem Bundesland soll dazu ein entsprechendes Ausbildungs- und Weiterbildungsangebot sichergestellt werden. (511)

(509) Vgl. auch: KMK: Medienbildung in der Schule. Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 8. März 2012. Online abrufbar unter: http://www.kmk.org/fileadmin/veroeffentlichungen_beschluesse/ 2012/2012_03_08_Medienbildung.pdf

(510) Anmerkung: So gibt es beispielsweise in Bayern mit dem Medienpädagogisch-Informationstechnischen Berater an Schulen (MIB) Funktionsstellen, die eine Berücksichtigung im Stundendeputat erlauben und laufbahnrelevant sind.

(511) Vgl. ausführlicher: Spanhel, Dieter: Medienpädagogik in der Lehrerbildung. medienimpulse (59)/2007, S. 46 f. Anmerkung: Einen alternativen Rahmenvorschlag für die Länder bietet das Positionspapier Kompetenzorientiertes Konzept für die schulische Medienbildung der Länderkonferenz MedienBildung (LKM), einem freiwilligen Zusammenschluss der Leiterinnen und Leiter der Landesmedienzentren und der entsprechenden Medienabteilungen in den pädagogischen Landesinstituten. Online abrufbar unter: http://www.laenderkonferenz-medienbildung.de/LKM-Positionspapier.pdf

Abschnitt aus Kapitel 4 Handlungsempfehlungen in: Sechster Zwischenbericht der Enquete-Kommission "Internet und digitale Gesellschaft" - Bildung und Forschung (2013)

Quelle