Fachgruppe Kinder und Jugendliche der GMK
Versuch einer Positionsbestimmung der Fachgruppe Kinder und Jugendliche (2001)

Die Fachgruppe Kinder und Jugendliche der GMK traf sich vom 24. bis 26.05.2001 im Medienzentrum des WI-JHW in Freiburg, um ein medienpädagogisches Positionspapier zu entwickeln. Unter Berücksichtigung der einschlägigen Fachdiskussion und insbesondere des Aufsatzes von Stefan Aufenanger (1) "Medienpädagogik im 21. Jahrhundert" wurden Fragen des Einflusses der neuen Medien auf die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen, auf Kommunikationsprozesse und anthropologische Grunddispositionen diskutiert. Im Zentrum standen insbesondere immer wieder die Fragen einer angemessenen und selbstbestimmten Nutzung der neuen Medien und die pädagogischen und politischen Aufgaben, die sich daraus für die Erziehung von Kindern und Jugendlichen im privaten Bereich und in öffentlichen Einrichtungen ergeben.

1. Phänomene der Veränderung der Lebenswelt und mögliche Auswirkungen

Nimmt man den Bereich der neuen Kommunikation als ein Beispiel heraus, so ergeben sich unserer Einschätzung nach folgende Fragestellungen:
Entsteht unter dem Einfluss der neuen Medien eine "neue Kommunikation"? Welche "neuen Konventionen" des menschlichen Umgangs entwickeln sich und welche "neuen Machtmonopole" bestimmen die anthropologische Grundbefindlichkeit?

1.1 individuelle Ebene

Die neuen Kommunikationsmedien wie Computer und Handy werden von uns allen genutzt zur schnelleren Kommunikation. Die Schnelligkeit des Mediums verlangt beim Chatten und E- Mailschreiben neue Fähigkeiten. Kommunikationsteilnehmer fühlen sich dem Druck ausgesetzt immer sofort eine Antwort geben zu müssen. Niemand verlangt außerhalb der Arbeit, eine sofortige Reaktion. Woher kommt also der Druck ohne Pause und Reflexion zurückmailen oder zurücktelefonieren zu müssen? Der medienkompetente Umgang mit neuen Medien verlangt offensichtlich andere psychische Abgrenzungsmechanismen. Zwar wissen wir es, aber uns ist nicht ununterbrochen bewusst, dass das Internet kein intimes Medium ist. Nicht nur, dass Nachrichten gelesen werden können, es können auch Profile von Teilnehmern erstellt werden, die Aufschluss über Gewohnheiten und Bedürfnisse geben. Diese Daten sind wiederum interessant für die Industrie.

Die netzartige Struktur, die im positiven Sinn nicht hierarchisch ist, verführt zu der Annahme, alles sei gleich wichtig und richtig. Kindern und Jugendlichen, aber auch Erwachsenen mangelt es inzwischen an der Fähigkeit, relevante und irrelevante Dinge unterscheiden zu können sowie Zielvorstellungen zu formulieren und anzustreben. Auch die Fähigkeit zu Dingen nicht nur spontane Meinungen zu formulieren, sondern auch begründete Beurteilungen abgeben zu können, wird durch schnelle häppchenartige Informationsaufnahme und -wiedergabe nicht unbedingt gefördert. Kurzum, das permanente Umlernen und Reagieren trübt den Blick für unversehene und ungewollte Verhaltensanpassungen. Es besteht die Gefahr, unser Leben von technischen Innovationen abhängig zu machen. Suchtartigen Erscheinungen könnte mit einer Stärkung des Willens und einer stärkeren Reflexion von Abhängigkeiten entgegengewirkt werden.

1.2 Kulturelle Ebene

Diese individuellen Einschränkungen beruhen häufig nicht auf persönlichen Fehlfunktionen, sondern entstehen im Zusammenhang eines kulturellen Klimas, das bestimmte Fähigkeiten fördert, andere jedoch vernachlässigt. So ist von aufgeschlossenen Lehrerinnen oder Lehrern immer wieder zu hören, dass die neuen Kommunikationstechniken den gekonnten Umgang mit Sprache durch Kurzsprachcodes und Bildvermittlung einerseits obsolet machen und die neuen Kommunikationsmedien andrerseits zur schriftlichen Ausdrucksförderung in einer Art Fast-Form anregen. Jedoch bleiben Schrift und Sprache unsere wichtigsten Kommunikationsmedien. Häufig dient der Einsatz neuer Medien im Unterricht nur einer vorübergehenden Motivationssteigerung statt einer anhaltenden Förderung des Ausdrucksvermögens. Auch wenn sich neue Medien sehr wohl eignen, um spaßige und kurze Botschaften zu vermitteln, so führt die neue Form der schriftlichen Mitteilung mit Icons oder anderen Symbolen zu einer facettenlosen Homogenisierung der Sprache. Erst durch die Zusammenführung der Inhalts- und Beziehungsebene können Informationen einen Charakter der Ganzheitlichkeit bekommen und von den Beteiligten verifiziert werden. Aus diesem Grund wird früher oder später auch die Face to Face- Begegnung gesucht.

Die weithin hohen Erwartungen, die in neue Medien gesetzt wurden, werden auch in anderen Bereichen nicht immer erfüllt. So verlieren auch Powerpoint-Vorführungen schnell ihren Reiz und machen aus einem schlechten Vortrag noch lange keine anschauliche Rede. Es besteht jedoch die Hoffnung, dass sich neue Konventionen ergeben werden, die unserer Kultur zu sinnvollen Übereinkünften verhelfen. Dass Rundmails z.B. nicht als "cc" geschrieben werden dürfen, weil durch die Preisgabe vieler Mailadressen die Privatsphäre verletzt wird, wissen Jugendliche eher als Erwachsene. Insofern besteht die Aufgabe von MedienpädagogInnen auch darin, brauchbare kulturelle Konventionen in Zusammenarbeit mit Kindern und Jugendlichen zu kreieren und zu verbreiten.

1.3 Politische Ebene

Neue Kommunikationsmittel werden nicht produziert, damit alle Menschen glücklicher und relaxter werden, wie uns von der Unterhaltungsbranche oft vorgegaukelt wird. Vielmehr führt die Produktion von immer neuen Geräten, Zusatzgeräten und passenden Programmen zu vielfältigen Abhängigkeiten von der Elektronikindustrie. Die Frage nach dem Sinn stellt sich angesichts des täglichen -meist technisch begründeten - Zugzwangs nur noch selten. Auch am Arbeitsplatz kann man eine stärkere Verdichtung der Tätigkeiten in der gleichen Arbeitszeit feststellen, sodass viele Arbeitnehmer sich diesem Stress nicht mehr gewachsen fühlen. Über Sponsoring erhalten Hard- und Softwaremonopole die Möglichkeit, junge Kunden an ihr Firmenlogo zu binden und direkt oder indirekt Werbung zu betreiben. Auch Forschungsaufträge geraten mehr und mehr in die Zwangslage, ihre Fragestellungen nach kommerziell-orientierten Auftraggebern ausrichten zu müssen. Im schlimmsten Fall verfügen die Elekronikkonzerne nicht nur über die Macht unsere Art der Kommunikation zu steuern, sondern auch über Rechte und Lizenzen an Bildungsgütern, die bisher frei zugänglich für alle waren. Zwar versucht die "Open Source-Bewegung" dieser Tendenz Einhalt zu gebieten, aber die Machtkonzentration nimmt so zu, dass auch politische Kontrollorgane machtlos sind.

Trotz negativer Begleiterscheinungen der neuen Medien besteht kein Anlass zur Panik. Vielmehr entwickeln Kinder und Jugendliche durchaus Fähigkeiten, die Welt, so wie sie ist, in den "Griff" zu bekommen. Die Aufgabe der Medienpädagogik, diesen Prozess kritisch zu begleiten und öffentliche Diskussionen über mögliche Fehlentwicklungen anzumahnen, gewinnt in dieser Situation an Gewicht. Für die Lösung von entsprechenden politischen Problemen müssten jedoch auf dieser Ebene neue Ideen und Strategien gesucht, entwickelt und eingesetzt werden.

2. Medienkompetenz als Bildungsaufgabe

2.1 Medienkompetenz und Medienbildung

Medienkompetenz als anzustrebende Fähigkeit des Menschen wird heute in vielfältiger Form und mit unterschiedlichen Interessen gebraucht. Überwiegend reduziert sich das Verständnis von Medienkompetenz auf Überlegungen, wie die Menschen an die vorgegebenen technischen Möglichkeiten anzupassen sind. Dies widerspricht dem Verständnis von Medienkompetenz, das die Medienpädagogik seit Jahren formuliert und inhaltlich beschreibt. Aus diesem Grund neigen einige (Medien)PädagogInnen dazu, mit anderen Begriffen, v.a. mit dem der Medienbildung die Qualität wieder einzufangen und zu beschreiben, die dem Begriff Medienkompetenz scheinbar abhanden gekommen ist. Damit wird das Problem jedoch nicht gelöst, im Gegenteil: Der unterschiedliche, teilweise synonyme Gebrauch von Medienbildung und Medienkompetenz stiftet nun auch dort Verwirrung, wo bisher Konsens geherrscht hat. Die Tatsache, dass Begriffe ihrer Bedeutung enteignet und unter dem Verständnis diverser Interessen gebraucht werden, ist weder neu noch wird sie vor neu gefundenen Definitionen Halt machen. Deshalb plädieren wir dafür, am Begriff der Medienkompetenz festzuhalten und ihn wieder mit Inhalten zu füllen.

Aus diesem Grunde sei hier auf ein Selbstverständnis rekurriert, das zu Lebzeiten von Dieter Baacke wohl noch Konsens in der GMK war. "Menschen sind nicht nur technisch in der Lage, etwa ein Druckbild zu entziffern; sie können sich auch etwas "dazu denken", und dies setzt wiederum Verstehensprozesse voraus. Genau dies meint "Kompetenz": Es geht um mehr als nur die Fähigkeit, eine neue Technik (etwa den online-geschalteten Computer) handhaben zu können; verbunden ist diese technisch-praktische Fertigkeit mit dem Vermögen der Menschen, sich Gedanken über etwas zu machen, kritische Argumente zu formulieren, aber auch mit Hilfe von Lektüre Genußfähigkeit zu erlangen (etwa beim verstehenden Lesen eines lyrischen Gedichts).

Impliziert wird also mit dem Begriff "Medienkompetenz" dreierlei:

1.Kommunikative Kompetenz ist die allgemeine Form, in der Menschen das soziale und gesellschaftliche Miteinander leben lernen und ausagieren, damit auf diese Weise "Wirklichkeit" über Kommunikationsakte erfolgt. Diese allgemeine "kommunikative Kompetenz" beginnt mit dem Erlernen der eigenen Sprache (Muttersprache) und endet noch lange nicht beim Programmieren einer Software mit multimedialen Gestaltungsmöglichkeiten als neuen Inhalten und Ausdrucksformen des Lernens.

2.Diese "kommunikative Kompetenz" ist allen Menschen von Geburt an gegeben, sie gehört zur menschlichen Grundausstattung. Dennoch muss sie gelernt, geübt und weiterentwickelt werden; heute fördern wir "kommunikative Kompetenz", ausgehend von der Primärsozialisation in der Familie, über vielfältige Bildungseinrichtungen, hinzu kommen Alltagserfahrungen und selbstsozialisatorische Prozesse des Weiterlernens.

3."Medienkompetenz" ist insofern eine Teilmenge der "kommunikativen Kompetenz" und wendet sich insbesondere dem elektronisch-technischen Umgang mit Medien aller Art zu, die heute im komplexer Vielfalt zur Verfügung stehen und deren Nutzung ebenfalls gelernt, geübt und gefordert werden muss."(2)

In diesem Verständnis ist eine Reduktion des Begriffs Medienkompetenz auf technische Fertigkeiten und/oder auf andere Teilaspekte ausgeschlossen.

2. 2 Medienkompetenz in Institutionen der Bildung

Medienkompetenz stellt sich dar als grundlegende Bildungsaufgabe und steht in der Verantwortlichkeit von unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen und Institutionen:

Familie Medienerziehung beginnt schon im Säuglingsalter und hat deshalb ihren Anfang in der Familie. Eltern wirken als Vorbilder und sollten sich ihrer Verantwortung durch Überprüfung der eigenen Gewohnheiten im Umgang mit Medien bewußt werden. Hierbei gilt es, Eltern frühestmöglich zu motivieren, Medienkompetenz als weitere Kulturaufgabe anzuerkennen und sich über die multimediale Welt mitsamt der Merchandisingprodukte zu informieren.

Kindergarten Medienerziehung sollte als wichtiger Bestandteil der pädagogischen Konzepte der jeweiligen Einrichtung begriffen werden. Der Kindergarten ist öffentlicher Raum, in dem Kinder zum kompetenten und eigenverantwortlichen Umgang mit dem Medienensemble angeleitet werden können. Hierfür gilt als Voraussetzung die Bereitschaft und Fähigkeit zum methodisch begründeten Umgang der ErzieherInnen mit Medien.

Schule Medienpädagogik sollte integraler Bestandteil von Lehramtsstudien, der schulpraktischen Ausbildung von LehrerInnen sowie der LehrerInnenfortbildung sein. Hierbei kommt es entscheidend darauf an, sich nicht nur auf eine reine Gerätekompetenz zu beschränken. Medienkompetenz bedeutet auch hier, dass ein Bewußtsein darüber entstehen muss, was das Ineinandergreifen der verschiedenen Medien mit uns macht (Medienkonvergenz). Voraussetzung dafür ist eine Verankerung der Medienpädagogik in den entsprechenden Studien- und Ausbildungsordnungen. In den Richtlinien und Lehrplänen für die einzelnen Unterrichtsfächer und in der Entwicklung und Fortschreibung von Schulprofilen und -programmen sollte das Erziehungsziel der Medienkompetenz in einem umfassenden Sinne verankert werden. Schulentwicklung muß auch unter dem Aspekt der Entfaltung von Medienkompetenz der am Schulleben Beteiligten gedacht werden.

Außerschulische Jugendarbeit Einer offenkundigen Tendenz von Jugendlichen, sich langfristigen Verpflichtungen zu entziehen, wie z.B. einer Vereinstätigkeit, sollte als gedankliche Anregung aufgegriffen und zu neuen Konzepten im Rahmen der außerschulischen Freizeitangebote für Jugendliche anregen. Eine ressourcenorientierte medienpädagogische Arbeit, die an den Interessen der Jugendlichen anknüpft, wäre hier als Möglichkeit anzusehen.

Politik/Parteien In politischen Räumen finden Jugendliche selten ihren Platz, weil persönliche Bezüge fehlen und Partizipation misslingt. Parteien machen Angebote, die als verstaubt gelten, im Gegensatz zu denen der Industrie. Einer sicher veränderten aber nach wie vor hohen Bereitschaft zum individuellen bürgerschaftlichen Engagement steht eine niedrige Wahlbeteiligung gegenüber. Die Präferenz von punktuellem Engagement, von Events und individuellen Selbstdarstellungsaktivitäten sollte in der medienpädagogischen Arbeit mit Jugendlichen reflexiv aufgegriffen und praktisch mit Leben gefüllt werden.

3 Pädagogische und politische Forderungen der Fachgruppe Kinder und Jugendliche

3.1 Pädagogische Forderungen

Eine unserer pädagogischen Forderungen zielt darauf ab, Kinder und Jugendliche bei der Entwicklung ihrer Persönlichkeit zu unterstützen. Auch wenn die Selbstfindung ein lebenslanger Prozeß ist, ist sie doch vor allem im Kindes- und Jugendalter von psychosozialen Entwicklungsschüben, Übergängen und auch Krisen gekennzeichnet. Die Anpassung an Rollen und das anschließende Heraustreten aus der Rolle zeigen die Facetten der eigenen Persönlichkeit auf und sind notwendige Entwicklungsprozesse. Vor allem die Identifikation mit medialen Gestalten, wie dies verstärkt in den "daily-talks" transparent wird, macht deutlich, wie wichtig der Aspekt der Rollendistanz wird. Erst durch das Heraustreten aus der vorgegebenen Rolle, durch die Distanz von dieser Person oder und ihrer Rolle, entwickelt sich die eigene Persönlichkeit. Mögliche Gemeinsamkeiten oder auch Unterschiede werden somit erst deutlich. Diesen Reflexionsprozeß bei Kindern und Heranwachsenden zu unterstützen, ist eine der Aufgabe von MedienpädagogInnen.

Eine weitere Forderung ist die Schaffung von Erfahrungsräumen für Kinder und Jugendliche, in denen sie in eigener Verantwortung selbstbestimmt agieren können. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, sie in ihren jeweiligen Lebenswelten als gleichberechtigte Kommunikationspartner zu akzeptieren und ernst zu nehmen. Denn Kinder und Jugendliche können nicht nur von uns lernen, sondern wir als Erwachsene, Eltern, Erzieher und Lehrer, können auch verstärkt von ihren Kompetenzen, z.B. im technischen Bereich,wie dem Umgang mit dem Computer, profitieren.

Wichtig ist also eine prinzipielle Offenheit im Umgang und Austausch miteinander, um sich somit auch in den je eigenen Fähigkeiten und dem Wissen ergänzen zu können. Würden Kinder und Jugendliche mehr in ihrem jeweiligen "Expertenstatus" als gleichberechtigte Partner anerkannt, hätte dies voraussichtlich nicht nur positive Auswirkungen auf ihr Selbstbewußtsein und die Bereitschaft, ihr Wissen auch an andere weiterzugeben, sondern würde auch den "wirklichen" Austausch zwischen Erwachsenen und Heranwachsenden fördern und helfen Generationsbarrieren aufzubrechen.

Auf einer anderen Ebene liegt die pädagogische Forderung, nachzuforschen, aus welchen Gründen Kinder und Jugendliche überhaupt Medien und zunehmend mehr Medien nutzen. Ein häufig genannter Grund für die Mediennutzung Heranwachsender ist beispielsweise die Langeweile, von daher rücken pädagogische Alternativen der Freizeitgestaltung in den Vordergrund. Die vertiefende Auseinandersetzung mit den tatsächlichen Ursachen verstärkter Mediennutzung hätte wiederum gesellschaftliche Konsequenzen, in der Art, sich einerseits mit der generellen Rolle und Funktion der Medien für Kinder und Jugendliche zu beschäftigen und andererseits über neue Orte der (direkten) Begegnung und der Freizeitgestaltung nachzudenken.

Ein Vorschlag wäre beispielsweise die Ganztagsbetreuung in Schulen und die ganztägige Nutzung schulischer Raum- und Technikressourcen, da die Schule oder der Schulhof als geschützter Raum mehr und mehr von Heranwachsenden auch in der Freizeit frequentiert wird. Aktive Medienarbeit könnte hier beispielsweise in Form von Radio- oder Videoproduktionen in Eigengestaltung oder begleitet von Medienpädagogen initiert werden, wobei die Verantwortlichkeiten bei den Heranwachsenden liegen sollten. Die MedienpädagogInnen sollten hier die Funktion des Beraters und Anleiters und nicht des Bewerters der jeweiligen Produkte haben.

3.2 Politische Forderungen

Auf der politischen Ebene lassen sich folgende Forderungen formulieren: Wenn wir die Demokratie ernst nehmen, können die Medien und deren Nutzung zu demokratischen Zwecken nicht außen vor gelassenwerden. Das heißt konkret, dass Partizipationsmöglichkeiten auf verschiedenen Ebenen bereit gestellt werden müssen. Kinder und Jugendliche sollten die Möglichkeit haben, öffentlich ihre Meinungen zu kommunizieren und dies nicht nur auf der Ebene von offenen oder freien Kanälen, sondern auch im öffentlich-rechtlichem Sektor. Gefordert wird ein Diskurs in öffentlichen Medien wie auch in lokalen und regionalen Sendern, in denen Kindern und Jugendlichen ein Fenster zur Artikulation eingeräumt werden sollte, welches nicht dem Diktum von 1:30 Minuten-Beiträgen unterliegt.

Eine weitere politische Aufgabe wäre sicherzustellen, dass das Internet nicht nur von einer bildungsstarken Elite genutzt wird, sondern demokratisch allen Bevölkerungsgruppen zur Verfügung steht. Das heißt vor allem benachteiligten Heranwachsenden, denen bereits im Vorfeld die finanziellen Mittel der Computeranschaffung fehlen, Möglichkeiten der Nutzung und der Anleitung bereitzustellen, um damit einem zunehmenden Bildungsgefälle entgegenzuwirken.

Da Medienpädagogik viele verschiedene Dimensionen umfasst, sollte sie als Schwerpunkt, möglichst fächerübergreifend, institutionalisiert werden. Die Vermittlung von Medienpädagogik sollte jedoch nicht nur vor oder außerhalb der Schule Halt machen, sondern auch Einzug in Arbeitsgebiete wie die soziale Arbeit finden, die sich vor allem mit benachteiligten Heranwachsenden beschäftigt. Will man einer zunehmenden Wissenskluft vorbeugen, scheint die außerschulische Vermittlung von Medienkompetenz durch SozialarbeiterInnen verstärkt für diese Zielgruppen von Nöten.

Medienpädagogik richtet sich an verschiedene Zielgruppen, dementsprechend sind auch die Anforderungen und Ziele gruppenspezifisch unterschiedlich zu definieren. Eine Medienpädagogik mit Erwachsenen verfolgt andere Ziele als eine mit Kindern und ist somit auch anders zu gestalten.

Die Auseinandersetzung mit Medien, ihren Vermittlungsformen, Intentionen und möglichen Folgen läßt sich als ein Prozeß verstehen, der auf persönlichen, geschlechtsspezifischen, kulturellen und politischen Ebenen stattfindet und reflektiert werden muß. Will man Medienpädagogik verstärkt institutionalisieren und auf medialer, politischer und gesellschaftlicher Ebene Akzente setzen, brauchen wir eine Lobby und die sollte sich doch vor allem in und mit der GMK finden lassen.

Medienerziehung wurde von der Fachgruppe vor allem in Bezug auf Kinder und Jugendliche diskutiert und als ein zunehmend wichtigen Bestandteil von allgemeiner Erziehung begriffen. Das Anliegen der Fachgruppe besteht vor allem darin, zu verdeutlichen, dass über pädagogische Aspekte hinaus die politischen Kontextbedingungen und ihre Auswirkungen auf das Erziehungsverhalten von Erwachsenen und das Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen zu beachten sind.

(1) In: Hubert Kleber (Hrsg.): Spannungsfeld Medien und Erziehung, München 2000
(2) Baacke, Dieter: Zum Konzept und zur Operationalisierung von Medienkompetenz, Bielefeld 1998

Jürgen Blumenberg, Vera Haldenwang, Ingeborg Philipper, Ida Pöttinger, Sabine Schattenfroh, Fred Schell

Quelle: GMK http://www.gmk-net.de