Bundesfamilienministerium, Entwurf des Thesenpapiers "Auf dem Weg zu einer zeitgemäßen Kinder- und Jugendnetzpolitik",

in: Dialog Internet - Die Handlungsempfehlungen der Unterarbeitsgruppen im Überblick (November 2011)

Thesenpapier - Auf dem Weg zu einer zeitgemäßen Kinder- und Jugendnetzpolitik

In das Thesenpapier wurden verschiedene Ergänzungsvorschläge aus der Diskussion mit den Unterarbeitsgruppen am 13. September 2011 aufgenommen. Diese betreffen im Wesentlichen die Bereiche "Teilhabe am demokratischen Gemeinwesen", "Geschlechterdifferenzierung'', "Forschung", "Werbung und Datenschutz" sowie "Ausbildung von Fachkräften". Die Thesen sollen weiter diskutiert und gegebenenfalls um Erkenntnisse aus den einzelnen Initiativen des Dialog Internet erweitert werden.

Kinder und Jugendnetzpolitik...

  • ... geht davon aus, dass das Internet in all seinen Ausprägungen zum Alltag und zur Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen dazu gehört und so ein immer wichtigerer Raum für Persönlichkeitsentwicklung und Sozialisation junger Menschen und für ihre Beteiligung im demokratischen Gemeinwesen ist.
  • ... macht sich deshalb dafür stark, Kinder und Jugendliche als prioritäre Zielgruppe der Netzpolitik zu verankern und organisiert hierzu ein starkes Bündnis staatlicher Stellen mit zivilgesellschaftlichen Partnern, Unternehmen und Verbänden und den im Netz Aktiven, darunter vor allem mit den Kindern und Jugendlichen selbst, ihren Eltern und Fachleuten.
  • ... unterstützt Kinder und Jugendliche, zu mündigen Nutzern heranzuwachsen, die selbstbestimmt, verantwortungsbewusst, kritisch und kreativ mit dem Internet umgehen, Möglichkeiten nutzen, mediale Angebote einschätzen können, sich Risiken bewusst sind und Konsequenzen des eigenen Handelns im Netz beurteilen können.
  • ... eröffnet Kindern und Jugendlichen - Mädchen und Jungen - die Chancen des Internets für Kommunikation, Bildung, Freizeitgestaltung und Teilhabe und verwirklicht effektiven Schutz vor Gewalt, Missbrauch und Selbstgefährdung.
  • ... überwindet Gegensätze zwischen Eigenverantwortung und gesetzlichem Schutz, indem sie eine am Alter und an den Erwartungen der Zielgruppen (Kinder, Jugendliche, Eltern und Fachkräfte) orientierte, integrierte Struktur von Kompetenzförderung, Stärkung der Medienerziehung und Jugendmedienschutz fördert und ein intelligentes Risikomanagement verankern hilft, das die Internetnutzer selbst mit einbezieht.
  • ... nimmt die im Netz aktiven Unternehmen - zum Beispiel Inhalte- und Zugangsanbieter sowie Betreiber von Plattformen, sozialen Netzwerken und Suchmaschinen - in die Pflicht, die Sicherheit und den Schutz von Kindern und Jugendlichen bei der Nutzung ihrer Angebote zu beachten.

Kinder- und Jugendnetzpolitik bedeutet konkret, ...

  • ... Kindern bei ihren ersten Schritten im Netz attraktive und altersgerechte Internetangebote zur Verfügung zu stellen,
  • ... Kinder durch sichere Surf- und Kommunikationsräume vor Risiken soweit als möglich zu schützen,
  • ... Kindern und Jugendlichen zielgruppen- und altersgerechte Angebote zur Förderung von Medienkompetenz zu eröffnen - im Netz und an allen relevanten Bildungsorten,
  • ... Jugendliche ernst zu nehmen, in ihrer Eigenverantwortung zu stärken und mit innovativen Angeboten in die Lage zu versetzen, die Möglichkeiten des Netzes für gesellschaftliche und politische Teilhabe zu nutzen, einschließlich der Netzpolitik selbst,
  • ... Jugendliche über Jugend-, Verbraucher- und Datenschutz altersgerecht zu informieren, über von anderen und von ihnen selbst verursachte Risiken aufzuklären und sie dafür zu gewinnen, zu Akteuren der Förderung von Medienkompetenz zu werden sowie zu einem wirksamen und glaubwürdigen Jugendmedienschutz beizutragen,
  • ... Eltern und Erziehungsberechtigten mit Informations-, Erfahrungs- und Beratungsangeboten Orientierung und Hilfe bei der Erfüllung ihres Erziehungsauftrags anzubieten und sie zu befähigen, ihre Kinder beim Aufwachsen mit dem Netz kompetent zu begleiten,
  • ... Eltern und Erziehungsberechtigten handhabbare, leicht verfügbare und verständliche technische Instrumente zur Verfügung zu stellen, die ihren medienerzieherischen Auftrag wirksam und transparent unterstützen,
  • ... Fachkräfte, insbesondere Erzieherinnen und Erzieher, Lehrerinnen und Lehrer sowie Fachkräfte im außerschulischen Bereich zur Medienkompetenzförderung vor Ort zu befähigen, ihnen Orientierung in der Vielfalt von unterstützenden Angeboten zu vermitteln und Vernetzung, praxisnahe Forschung sowie Wissens- und Erfahrungsaustausch zu fördern,
  • ... Fachkräfte der sozialen Arbeit durch angemessene Strukturen der Aus-, Fort- und Weiterbildung darin zu unterstützen, insbesondere benachteiligte Kinder und Jugendliche in ihrer Medienkompetenz zu fördern und ihnen so einen chancengerechten Zugang zu den Möglichkeiten des Internets zu eröffnen,
  • ... Anbieter im Netz für Risiken, die sich aus ihren Angeboten für Kinder und Jugendliche ergeben können, zu sensibilisieren und sie zu einer vorausschauenden Risikobewertung zu motivieren, und sie aufzufordern, die Risiken zu reduzieren,
  • ... gemeinsam mit den im Netz aktiven Unternehmen, der Werbeindustrie und den Selbstkontrollinstitutionen wirksamen Jugend-, Daten- und Verbraucherschutz für die Zielgruppe der Kinder und Jugendlichen durchzusetzen,
  • ... Bund, Länder, Wirtschaft, Selbstkontrollen, Kinder- und Jugendschutz und zivilgesellschaftliche Organisationen zu dauerhafter Zusammenarbeit zu verbinden, um Nutzerbeteiligung, Kohärenz und Synergie bei einem wirksamen Schutz von Kindern und Jugendlichen im Internet, und die Förderung von Medienkompetenz und Erziehungskompetenz auch angesichts fortschreitender Medienkonvergenz und technischer Entwicklungen zu verwirklichen.

Im Dialog Internet ...

  • ... werden nun die dargestellten Thesen durch die Umsetzung der erarbeiteten Handlungsempfehlungen validiert. Mit konkreten Initiativen, die das BMFSFJ auf der Basis dieser Empfehlungen ergreift, soll so zeitgemäße Kinder- und Jugendnetzpolitik schrittweise verankert und wirksam werden.
  • ... werden die Initiativen
    • · in ihrer Erprobungs- und Umsetzungsphase begleitet und unterstützt,
    • · transparent umgesetzt und - insbesondere über die Dialogplattform - aktiv mit der interessierten Öffentlichkeit diskutiert und weiterentwickelt,
    • · untereinander ins Gespräch gebracht und, auch mit allen relevanten netzpolitischen Diskussionen und Prozessen, vernetzt,
    · kontinuierlich daraufhin bewertet, wo sie sich auf dem Weg hin zu einer zeitgemäßen Kinderund Jugendnetzpolitik befinden.