Bundesjugendkuratorium, Souveränität und Verantwortung in der vernetzten Medienwelt - Anforderungen an eine kinder- und jugendorientierte Netzpolitik (2013)

Das Bundesjugendkuratorium (BJK), ein vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend berufenes Sachverständigengremium, berät die Bundesregierung in grundsätzlichen Fragen der Kinder- und Jugendhilfe. Das BJK hat im Juni 2013 ein Positionspapier vorgelegt, das fachlich und politisch begründete Anforderungen an eine kinder- und jugendorientierte "Netzpolitik" formuliert.

"Das BJK betont das Recht junger Menschen auf Unterstützung und Förderung, um die neuartigen Potenziale einer vernetzten Medienwelt selbstbestimmt und in sozialer Verantwortung nutzen zu können. Medienkompetenzförderung muss als gesetzlicher Regelungstatbestand begriffen werden und alle Bildungs- und Erziehungsorte junger Menschen umfassen. Es bedarf eines koordinierten Vorgehens, das einheitliche Rahmenbedingungen für ein gemeinsames Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen in ganz Deutschland schafft."

"In seiner Stellungnahme weist das BJK auf die Bedeutung der vernetzten Medienwelt in der Lebenswirklichkeit junger Menschen hin. Ähnlich der Beherrschung von Sprache und Schrift ist medienkompetentes Handeln schon längst unabdingbar geworden für ihre Weltaneignung und zwischenmenschliche Kommunikation. Es ist eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung und staatliche Verpflichtung, eine umfassende Förderung von Medienkompetenz für alle Kinder und Jugendlichen sicherzustellen." (Pressemitteilung)

Im Positionspapier werden zwei Einsichten als Voraussetzung einer kinder- und jugendorientierten Netzpolitik betont:
"dass Medien integrierte und multifunktionale Bestandteile sozialen Lebens und für den gesamten Prozess des Aufwachsens bedeutsam sind."
"dass Kinder und Jugendliche eigene Perspektiven auf die Medienwelt entwickeln und eigene Belange an sie herantragen." (S.12)

Aus dem Inhalt

Facebook, Tagesschau und World of Warcraft: Vom Mediengebrauch eines Jugendlichen (S. 6)

  • "Potenziale und Risiken der vernetzten Medienwelt sind milieuübergreifend wirksam, aber milieuspezifisch ausgeprägt." (S. 8)
  • "Befähigung zu Souveränität und Verantwortung in der Medienwelt ist eine gesamtgesellschaftliche Verpflichtung gegenüber Kindern und Jugendlichen." (S. 10)

1. Ressourcenorientierung: Grundlage einer kinder- und jugendorientierten Netzpolitik (S. 12)
1.1 Medien sind integrierte Bestandteile sozialen Lebens (S. 13)
1.1.1 Die vernetzte Medienwelt erweitert die Möglichkeiten des Handelns mit und in Medien.
1.1.2 Mediatisierungsprozesse verändern kommunikatives Handeln und darüber soziales Leben.
1.2 Kinder und Jugendliche haben ein Recht auf angemessene Unterstützung für den Umgang mit der Medienwelt. (S. 16)

2. Medienkompetenzförderung, Kinder- und Jugendmedienschutz und Medienaneignungsforschung: Handlungsfelder einer kinder- und jugendorientierten Netzpolitik. (S. 18)
2.1 Medienkompetenz: tragender Bestandteil sozialer Handlungsfähigkeit (S. 20)
2.1.1 Alltagsintegrierte Medienkompetenzförderung
2.1.2 Innovative Modelle zur Medienkompetenzförderung
2.2 Lebensweltkompatibilität: Voraussetzung für einen wirksamen Kinder- und Jugendmedienschutz (S. 26)
2.2.1 Die Gestaltung einer sozial verantwortlichen Medienwelt liegt in staatlicher Verantwortung
2.2.2 Die vernetzte Medienwelt bedarf medienübergreifender Regulierung.
2.2.3 Die Mitwirkung der "Medienendverbraucher" erfordert Transparenz und Lebensweltkompatibilität der Maßnahmen.
2.3 Medienaneignungsforschung: Fundament für Medienkompetenzförderung und Kinder- und Jugendmedienschutz (S. 31)
2.3.1 Verzahnung von Monitoringprozessen zur Medienentwicklung und Medienaneignung
2.3.2 Strukturelle Verankerung interdisziplinärer Forschungsdiskurse
2.4 Gesetzliche Verankerung von Medienkompetenzförderung und Koordination der Handlungsfelder: übergreifende Aufgaben einer kinder- und jugendorientierten Netzpolitik (S. 33)
2.4.1 Gesetzliche Verankerung von Medienkompetenzförderung

  • Verankerung von Medienkompetenzförderung im SGB VIII
  • Verankerung von Medienkompetenzförderung in den landesrechtlichen Regelungen für Kindertageseinrichtungen und Schulen

2.4.2 Systematisches Zusammenwirken aller Akteure an den Schnittstellen von Förder- und Schutzleistungen

Zusammengefasst: Zentrale Anforderungen an eine kinder- und jugendorientierte Netzpolitik (S. 40)

  • Gesetzliche Verankerung von Medienkompetenzförderung
  • Systematisches Zusammenwirken von Förder- und Schutzleistungen an allen Lebensorten
  • Förderung ressourcenorientierter Zugänge zu Kindern und Jugendlichen in ihren sozialen Kontexten

Meine Einschätzung: Ein medienpädagogisch und medienpolitisch wichtiges Papier für die aktuelle Diskussion um Medienkompetenzförderung. Lesenswert! Diskussionswert!

Allerdings: Das BJK-Verständnis von "Netzpolitik" wird in diesem Papier nicht weiter expliziert. Für dieses Politikfeld wichtige Inhaltsbereiche wie Internet Governance, "Digitale Demokratie", Informationelle Selbstbestimmung, Urheberrecht und Informationsfreiheit werden nicht thematisiert.

Der komplette Text der Stellungnahme "Souveränität und Verantwortung in der vernetzten Medienwelt - Anforderungen an eine kinder- und jugendorientierte Netzpolitik" kann als PDF-Datei kostenfrei heruntergeladen werden.