Wearables und Gesundheits-Apps (2017)

Wearables und Gesundheits-Apps: Werkzeuge der digitalen Selbstvermessung

Der Markt für Apps im Gesundheitsbereich boomt. Das Angebot umfasst rund eine Million Apps mit gesundheitlichen Bezug (Fitness-, Gesundheits-, Lifestyle-Apps, Sport und medizinische Apps). Oft benötigen die Gesundheits-Apps sogenannte Wearables.

Aber was sind Wearables?

Das englische Wort "wearable“ heißt übersetzt "tragbar“. Dementsprechend versteht man unter "Wearables“ am Körper getragene technische Geräte. Hierunter fallen Fitness-Armbänder, Smartwatches, Smartphones oder Tracker. Gemeinsam ist diesen Geräten, dass sie Körperdaten der Nutzer elektronisch erfassen. So zählen sie etwa die Anzahl der Schritte oder messen zurückgelegte Distanzen. Auch das Schlafverhalten kann von ihnen überwacht werden. Während einige Wearables die gesammelten Körperdaten im Gerät selbst speichern, übermitteln andere diese Daten mit Hilfe von Gesundheits-Apps über die Telefonfunktion an Dritte.

Was sind nun Gesundheits-Apps?

Leider existiert keine einheitliche Definition von Gesundheits-Apps. Im Allgemeinen sind Gesundheits-Apps auf mobilen Endgeräten installierte Anwendungsprogramme, die die Körperdaten – sowohl Gesundheitsdaten als auch Verhaltensweisen – ihrer Nutzer elektronisch erfassen und auswerten. Sie dienen vor allem der Selbstvermessung und Selbstoptimierung ihrer Nutzer. Aber auch zahlreiche weitere Anwendungsszenarien sind denkbar: Medizinische Apps können beispielsweise als Helfer bei Anamnese und Therapie eingesetzt werden. Denkbar ist auch ein Einsatz in der Gesundheitsversorgung, als Marketing- und Serviceinstrument, zur Prävention und Gesundheitsförderung, im Rahmen von Bonusprogrammen, als Grundlage der Prämienkalkulation von Versicherungen oder in der Forschung. Dementsprechend bieten sowohl gesetzliche als auch private Krankenkassen Gesundheits-Apps für ihre Versicherten an.

Rechtliche Rahmenbedingungen für die Nutzung von Wearables und Gesundheits-Apps

Bei den Gesundheitsdaten, die von Wearables und Gesundheits-Apps verarbeitet werden, handelt es sich um personenbezogene Daten mit besonderer Sensibilität. Sie unterliegen dem Schutz des Bundesdatenschutzgesetzes und der EU-Datenschutz-Grundverordnung. Ihre Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung ist nur unter erhöhten Anforderungen auf Basis einer Rechtsgrundlage oder einer Einwilligung der Betroffenen zulässig. Dabei muss die Einwilligung freiwillig, informiert und ausdrücklich abgegeben werden. Zur Informiertheit gehört auch die Transparenz. Dies bedeutet, dass Betroffene umfassend die Zwecke kennen müssen, für die ihre Daten verwendet werden. Sie sind über die möglichen isiken aufzuklären. Die Betroffenen haben jederzeit das Recht, über ihre gespeicherten Daten Auskunft zu erhalten. Die Anbieter von Gesundheits-Apps müssen durch geeignete technische und organisatorische Maßnahmen gewährleisten, dass keine Unbefugten Zugriff auf die Gesundheitsdaten haben.

Für die datenschutzrechtliche Einschätzung ist auch der jeweilige Einsatzbereich einer Gesundheits-App wichtig. Werden Gesundheits-Apps bei Anamnese und Therapie eingesetzt, ist entscheidend, ob sie als Medizinprodukte gelten und die rechtlichen Vorgaben des Medizinproduktegesetzes erfüllen. Werden Gesundheits-Apps im Arzt-Patienten-Verhältnis – etwa bei der Behandlung chronisch Kranker – verwendet, muss die ärztliche Schweigepflicht gewahrt werden. Sozialversicherungsträger dürfen die Gesundheitsdaten der Apps nur dann verarbeiten, wenn dies nach dem Sozialgesetzbuch rechtlich zulässig ist. Eine Legitimation per Einwilligung des Betroffenen ist hier nicht möglich. Dies gilt insbesondere für die gesetzlichen Krankenkassen. Private Krankenversicherungen haben beim Einsatz von Gesundheits-Apps rechtlich mehr Spielraum. Die Aufklärung der Nutzer ist in allen Fällen besonders wichtig.

Datenschutzrechtliche Risiken – die Nutzung von Wearables und Gesundheits-Apps ist nicht ohne Gefahren

Grundsätzlich spricht nichts gegen die datenschutzgerechte, transparente und anwenderfreundliche Nutzung von Wearables und Gesundheits-Apps. Leider hat sich aber gezeigt, dass in der Praxis viele wichtige Aspekte noch nicht datenschutzkonform geklärt wurden. Das beweist auch eine stichprobenartige Prüfung von Wearables und Gesundheits-Apps verschiedener Anbieter im Jahr 2016. Datenschutzbehörden aus Bund und Ländern wollten hierbei besser verstehen und nachvollziehen können, was mit den sensiblen Gesundheitsdaten geschieht. Dabei zeigte sich, dass Hersteller, Betreiber und Verkäufer der getesteten Wearables und Gesundheits-Apps die Nutzer oft nicht ausreichend darüber informieren, was mit ihren Daten geschieht. Stichpunktartige Anfragen nach Auskunft zu gespeicherten Daten wurden mit pauschalen Verweisen auf Datenschutzerklärungen beantwortet oder wegen Nicht-Zuständigkeit abgewiesen. Viele Hersteller sind in Deutschland nur mit Serviceniederlassungen präsent, während ihr Hauptsitz in anderen EU- oder Dritt-Staaten liegt. Erst unter der ab Mai 2018 EU-weit gültigen Datenschutzgrundverordnung können deutsche Aufsichtsbehörden Beschwerden deutscher Verbraucher wirksamer bearbeiten.

Derzeit erfüllen wenige Datenschutzerklärungen die gesetzlichen Anforderungen. Sie sind zu lang oder schwer verständlich. Zu essenziellen Datenschutzfragen enthalten sie nur pauschale Hinweise. Viele Erklärungen liegen nicht einmal in deutscher Sprache vor. Oft wird auch nur auf die generelle Datenschutzerklärung des Unternehmens verwiesen, die kaum konkreten Bezug zu Wearables und den dort verarbeiteten sensiblen Gesundheitsdaten hat.

Die durch die Wearables erhobenen Gesundheitsdaten werden oft durch externe Dritte verarbeitet. Durch die unklaren Regelungen zur Datenverarbeitung entgleiten diese Daten dabei der Kontrolle durch die Nutzer. Zwar scheinen Einzelinformationen wie Körpergewicht, zurückgelegte Schritte, Dauer des Schlafes oder Herzfrequenz für sich betrachtet oftmals wenig aussagekräftig. In der Regel werden diese Daten jedoch mit eindeutigen Personenkennungen oder auch Standortdaten verknüpft. Bei einer dauerhaften Nutzung von Wearables fallen damit so viele Informationen an, dass sich ein präzises Bild des Tagesablaufs und Gesundheitszustands der jeweiligen Nutzer ergibt. Derartige Gesundheitsprofile lassen sich im Geschäftsverkehr oder Versicherungswesen ohne Wissen der Nutzer gegen diese verwenden. Vor allem, wenn durch unberechtigte und unkontrollierte Zusammenführung von Daten diese trotz vorheriger Anonymisierung bestimmten Nutzern zugeordnet werden können. Viele der Wearables und Gesundheits-Apps bieten die Möglichkeit, aufgezeichnete Fitness-Daten mit Freunden zu teilen. Häufig fehlt dabei jedoch ein Warnhinweis, dass die Weitergabe der sensiblen Nutzerdaten nur dann geschehen darf, wenn der Nutzer dieses ausdrücklich wünscht und bewusst hierin einwilligt. Einige Hersteller geben zwar an, dass sie die Fitness-Daten der Nutzer für Forschungszwecke und Marketing verwenden und an verbundene Unternehmen weitergeben. Die Nutzer erfahren aber auch hier häufig nicht, um wen es sich dabei handelt. Auch können sie der Weitergabe ihrer Daten oft nicht widersprechen.

Darüber hinaus bieten Geräte und Gesundheits-Apps und die damit verbundenen Nutzerkonten oft keine Möglichkeit, Daten selbst vollständig zu löschen. Will man etwa ein gebrauchtes Gerät weiterverkaufen, so genügt es nicht, die App zu löschen, um bereits gesammelte Daten zu vernichten.

Daneben können Datensicherheitsmängel (Auslesen von Login-Daten, Einspeisung von Schadsoftware in die Wearables, ungeschützte und unverschlüsselte Kommuni-kation) oder Bedienfehler der Nutzer Unbefugten Zugriff auf die Gesundheitsdaten ermöglichen.

Eine weitere Problematik, die sich aus der Nutzung von Wearables oder Gesundheits-Apps ergeben kann, ist der fehlende Schutz Minderjähriger. Eine Zustimmung der Erziehungsberechtigten wird in der Regel nicht verlangt. Aufgrund der Unerfahrenheit und unter Umständen wegen der noch fehlenden Einsichtsfähigkeit der Minderjährigen kann dies dazu führen, dass sie eine Vielzahl von Daten über sich preisgeben, ohne zu wissen, was für negative Konsequenzen sich hieraus in ihrem weiteren Leben ergeben können (etwa beim Abschluss von Krankenversicherungen).

Datenschutzgerechter Umgang mit Wearables und Gesundheits-Apps

Der Einsatz von Gesundheits-Apps birgt – wie geschildert – erhebliche Risiken für das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Daher sollten die Nutzerinnen und Nutzer von Wearables und Gesundheits-Apps verantwortungsvoll und sensibel mit ihren persönlichen Daten sein. Sie sollten beim Kauf und dem Einsatz von Wearables und Gesundheit-Apps genau auf den Schutz ihrer Daten achten und sich umfangreich und intensiv informieren. Folgende Fragen sollten dabei beantwortet werden:

  • Gibt es eine vollständige Datenschutzerklärung?
  • Welche Funktionalitäten beinhaltet die Gesundheits-App?
  • Welche Daten werden von mir erhoben?
  • Wie werden meine Daten verarbeitet?
  • Wo werden meine Daten gespeichert? Vorzuziehen ist eine lokale Speicherung im Gerät selbst.
  • An wen werden meine Daten weitergegeben? Datenübermittlungen sollten weitestgehend reduziert sein.
  • Welche Zugriffsrechte auf die Gesundheits-App werden gefordert und warum?
  • Welche Löschungsmöglichkeiten habe ich selbst? Eine datenschutzgerechte Gesundheits-App sollte den Nutzern direkt eine Löschungsmöglichkeit einräumen.
  • Wer ist für die Gesundheits-App verantwortlich?

Grundsätzlich sollten die Nutzer und Nutzerinnen keine Gesundheits-Apps verwenden, die eine eindeutige medizinische Zweckbestimmung haben, jedoch nicht als Medizinprodukt gekennzeichnet sind. Zudem sollten sie auf vorhandene Qualitätssiegel achten und die Bewertungen anderer Nutzer als eine erste Einschätzung nutzen.

Herausgeber: Die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit
Stand: August 2017

Quelle

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