Schill, W. "Das hat Spaß gemacht!" - Merkmale gelingender Medienarbeit

Ganz gleich, ob man als Künstler(in) ein "kleines" und überschaubares oder ein länger dauerndes und komplexes Medienprojekt in Sachen Foto-, Film-, Video-, Audio- oder computerbezogener Arbeit durchgeführt hat, wenn man nach Abschluss des gesamten Vorhabens als lapidares Urteil von Kindern oder Jugendlichen zu hören bekommt: "Das hat Spaß gemacht! ... Ich habe eine Menge gelernt! ... Es war manchmal ziemlich anstrengend, aber ich habe nicht aufgegeben! ... Ich fand es wichtig, in der Gruppe zu arbeiten! ... Das müssten wir viel öfter im Unterricht machen! ..." kann man ziemlich sicher sein, dass eine Projektarbeit gelungen ist.

Wenn man dann im Laufe der Zeit von Projekt zu Projekt bei allen Beteiligten - auch bei Lehrkräften und Eltern - genauer nachfragt und deren Aussagen systematisch "sammelt", lassen sich eine Reihe von Merkmalen erkennen, die man als bezeichnend für eine gelingende Medienarbeit annehmen kann:

- Die Themen und Inhalte des Vorhabens entsprachen weitgehend den Interessen und Bedürfnissen einer Gruppe.
- Der Arbeitsplan war für die Gruppe klar erkennbar, und die Gruppe war an der Entwicklung des Arbeitsplans beteiligt.
- Die Leistungsansprüche und -erwartungen waren klar formuliert.
- Die Arbeitsumgebung war gut vorbereitet und die zur Verfügung stehende Medientechnik reichte für die Arbeit aus.
- Die Arbeit war methodisch abwechslungsreich.
- Die Arbeitsatmosphäre erwies sich für die Gruppe als motivierend.
- Die Gruppe erhielt regelmäßig Rückmeldungen über den Fortschritt des Arbeitsprozesses.
Die Arbeit des Künstlers oder der Künstlerin war für die Gruppe inhaltlich und fachlich überzeugend und eröffnete den Kindern und Jugendlichen neue Sichtweisen.

In diesen Merkmalen spiegeln sich gleichsam die wesentlichen Vorteile, aber auch die schwierigen Seiten, die der Medien-Projektarbeit für gewöhnlich zugeschrieben werden. Bei einem Medienprojekt geht es im Allgemeinen darum,

1. eine medienbezogenes Problem zu bearbeiten, das für Kinder und Jugendliche bedeutsam ist,
2. einen gemeinsamen Plan zur Problemlösung zu entwickeln,
3. sich handlungs- und produktorientiert mit dem Problem auseinander zu setzen und
4. die Problemlösung mithilfe des Produkts in der Öffentlichkeit zu präsentieren und Zuschauer wie Zuhörer zur "Unterhaltung" anzuregen.

Diese vier idealtypischen Handlungsphasen überlappen sich in der Regel und wiederholen sich manchmal auch im Rahmen eines Projektverlaufs. Beispielsweise wenn eine angestrebte Problemlösung sich als frag-würdig erweist und durch eine gemeinsame Suchbewegung korrigiert oder revidiert werden muss oder wenn ein Produkt den Leistungserwartungen der Gruppe nicht entspricht.

Was nun die Merkmale gelingender Medienarbeit betrifft, so treten sie im Rahmen eines Medienprojekts nur selten in "geballter Form" in Erscheinung. Zudem kann man immer davon ausgehen, dass sie sich mehr oder minder stark ausgeprägt zeigen. Manchmal treten sie auch nur marginal auf und werden durch die starke Wirkung anderer Merkmale überformt und ausgeglichen. Wer einmal erlebt hat, dass die Arbeitssituation "nicht stimmte", weil die Medientechnik für einige Zeit versagte, hat vielleicht zusammen mit den Schülerinnen und Schülern andere mediale Wege entdeckt und beschritten, um das technisch Defizit phasenweise zu überwinden. Auch Methodenvielfalt ist kein Muss im Arbeitsprozess, wenn das Interesse der Gruppe an der Auseinandersetzung mit einem Thema sehr groß ist und die Ideen der Kinder und Jugendlichen das Arbeitsgeschehen bestimmen und vorantreiben. Selbst das Arbeitsklima muss nicht unbedingt harmonisch sein, wenn eine Gruppe erleben kann, dass die Arbeit im Sinne des Arbeitsplans zügig und erfolgreich vorangeht. Was die einzelnen Merkmale inhaltlich bedeuten können, sei nun im Folgenden kurz skizziert.

Bezug zu den Interessen- und Bedürfnissen einer Gruppe

In der Regel haben Künstlerin oder Künstler eine klare Vorstellung von ihrem Projekt und möchten diese mit einer Gruppe erfolgreich umsetzen. Nicht immer gelingt dies in der gewünschten Form, weil ein "gesetztes" Thema nicht den Interessen und Bedürfnissen der Schülerinnen und Schüler entspricht. Vor allem wegen ihrer alltäglichen Medienerfahrungen erwarten ältere Schülerinnen und Schüler im Rahmen der Themenfindung und -bearbeitung oft ein "unterhaltsames" Medien-Spektakel und sind enttäuscht, wenn diesen Erwartungen nicht entsprochen werden kann. In solchen oder ähnlichen Fällen empfiehlt es sich, mit einer Gruppe eine Art Arbeitsvertrag über die gegenseitigen Leistungen auszuhandeln und diesen "zur Probe" anzubieten oder "verbindlich" zu vereinbaren.

Gemeinsamer Arbeitsplan

Nicht selten kommt es dazu, dass die Künstler(innen) ihren Arbeitsprozess so offen oder experimentell anlegen, dass die Richtung, in die das Projekt gehen soll, nicht auf den ersten Blick erkennbar wird, sondern gemeinsam gesucht und gefunden werden muss. Dies widerspricht für gewöhnlich der Erwartungshaltung von Schülerinnen und Schülern, die gewohnt sind, etwas lernen zu müssen und die daher genau wissen wollen, "was angesagt ist". Die Erfahrung mit vielen Medienprojekten zeigt jedoch, dass Schülerinnen und Schüler durchaus bereit sind, ihren Arbeitsprozess selbst zu organisieren, wenn gemeinsam mit ihnen - und am besten auch mit ihren Lehrkräften - ein Arbeitsplan entwickelt wird, der ihnen klar und deutlich zeigt, welche Freiräume ihnen angeboten werden und was genau in welcher Zeit mit welchen Mitteln erreicht werden soll.

Klar formulierte Leistungsansprüche und -erwartungen

Für viele - vor allem ältere - Schülerinnen und Schüler sind die Künstler(innen) in der Schule etwas Besonderes. Sie bringen "andere" Lebenserfahrungen, manchmal einen anderen Lebensstil und eine besondere Sicht auf die Welt mit in das Schulleben. So wird nicht selten von den Künstler(innen) erwartet, dass sich in der Zusammenarbeit mit ihnen Phantasie, Kreativität und Originalität gleichsam "wie von selbst" entfalten. Dass das Machen von Medien aller Art allerdings nicht nur Genuss und Spaß verschaffen kann, sondern disziplinierte Teamarbeit, präzisen Umgang mit technischen Medien, mühsame Recherchen, anstrengende Übungsphasen, Verantwortung für den Arbeitsfortschritt oder das Aushalten von Kritik bedeutet, ist der Gruppe immer wieder durch klar formulierte Leistungserwartungen und im Rahmen von Leistungsrückmeldungen zu vermitteln.

Gut vorbereitete Arbeitsumgebung

Medienkünstlerinnen und -Künstler sind Profis und beherrschen ihr Handwerk. Sie verfügen im außerschulischen Leben selbstverständlich über entsprechende Arbeitsräume, Arbeitsmittel aller Art und über eine für ihre Arbeit notwendige technische Ausrüstung, die sie ihren Beruf erfolgreich ausüben läst. Dass diese Ausgangslage nicht 1:1 auf die Arbeitssituation im schulischen Raum übertragbar ist, bedeutet eine Herausforderung für sie. Sie lässt sich erfahrungsgemäß nur in Zusammenarbeit mit allen am Schulleben beteiligten Personen produktiv lösen. Das heißt, Schulleitung, Lehrkräfte, Schüler(innen) und auch Eltern verstehen sich als Mitarbeiter der Künstler(innen), sorgen dafür, dass geeignete Arbeitsräume, Materialien und brauchbare Medien in ausreichender Zahl zur Verfügung stehen, entwickeln gemeinsame klare Zeitpläne und verabreden sinnvolle Kommunikationsregeln. Auf diese Weise kann es einer Gruppe gelingen, sich einen eigenen Arbeitsplatz zu schaffen, an dem sie sich wohl fühlt und an dem sie im Wortsinne etwas schaffen kann.

Vielfalt der Methoden

Wenn Medienkünstler(innen) sich produktiv mit Wirklichkeit und Fiktion auseinander setzen, wenden sie vielfach Methoden an, die im normalen Schulalltag nur selten oder gar nicht auftauchen. Dazu gehören vor allem das kreative Schreiben, die journalistische Recherche, das Verfassen von Drehbüchern, die Dokumentation oder die Dekonstruktion der Wirklichkeit mit Medien aller Art. Im Rahmen der praktischen Medienarbeit mit einer Gruppe können dann Tanz, Malen, freies Schreiben und Sprechen oder szenisches Spiel als Arbeitsmethoden hinzukommen, wenn es darum geht, sich mit einem Thema gestalterisch auseinander zu setzen. Gelingt es dabei, individuelles und kooperatives Lernen sinnvoll zu verbinden, können die Schüler(innen) nicht nur Medien- und Methodenkompetenz erwerben, sondern auch solidarisches Handeln unmittelbar erfahren.

Motivierende Arbeitsatmosphäre

Für Kinder und Jugendliche sind Medienkünstler(innen) "interessante Leute", weil sie sich offensichtlich in der faszinierenden Welt der Medien hervorragend auskennen und weil sie die Schüler(innen) vermutlich gut in die Geheimnisse dieser besonderen Welt einführen können. Insofern haben die Künstler(innen) bei ihren Gruppen meist gute "Startbedingungen", weil ihre Arbeit voller Respekt betrachtet wird. Wenn dann aus dieser Situation im Laufe der gemeinsamen Arbeit gegenseitiger Respekt erwächst, ist eine wesentliche Voraussetzung für eine motivierende Arbeitsatmosphäre geschaffen worden. Eine Atmosphäre, die sich auch dadurch auszeichnet, dass die Schüler(innen) Verantwortung für ihren Arbeitsprozess übernehmen, dass sie Rücksicht aufeinander nehmen, dass es keine Machtkämpfe, Bevorzugungen oder Benachteilungen gibt und dass auch der Humor bei der Arbeit nicht zu kurz kommt.

Regelmäßige Rückmeldungen

Anders als Lehrkräfte brauchen Medienkünstler(innen) den Schüler(innen) keine Noten für die geleistete Arbeit zu geben. Doch für Arbeitsfortschritt und -erfolg ist es sehr bedeutsam, dass eine Gruppe regelmäßig Rückmeldungen über den Arbeitsprozess erhält. Das bezieht sich sowohl auf die inhaltliche als auch auf die soziale Seite und kann im Rahmen von Verabredungen, festen Regeln oder festen Zeiten geschehen. Auf der inhaltlichen Ebene ist es bedeutsam, über die Ursachen von Erfolg und Misserfolg zu sprechen und daraus Konsequenzen für die weitere Arbeit zu ziehen. Auf der sozialen Ebene ist es bedeutsam, sofort auf Störungen und Probleme einzugehen und gemeinsam nach Lösungen zu suchen, auch unter Mithilfe von Lehrkräften oder Sozialarbeitern an der Schule.

Inhaltliche Leistung der Künstler(innen)

Der Erfolg einer Projektarbeit hängt aus Sicht der Kinder und Jugendlichen auch wesentlich davon ab, dass die Künstler(innen) ihnen inhaltlich etwas angeboten haben, das nicht nur anders war als alltäglicher Regelunterricht, sondern das ihnen auch neue (Medien-)Erfahrungen verschafft hat. Dabei spielt nicht nur das Geschick der Künstler(innen) eine Rolle, immer wieder anregende Arbeitssituationen zu inszenieren, sondern auch deren Expertenwissen und -können. Und nicht zuletzt gibt die Persönlichkeit des Künstlers oder der Künstlerin den Ausschlag dafür, dass Kinder und Jugendliche sich für ein Vorhaben begeistert haben und schließlich zu folgendem Resümee kommen: "Man sollte die Künstler dauerhaft einstellen und ihre Projekte als andere Form von Unterricht in den Schulalltag integrieren" (mag.3_07, S. 11).

Literatur:

Lauffer,J., Rölleke, R. (Hrsg.), Dieter Baacke Preis - Handbuch 1 - Methoden und Konzepte medienpädagogischer Projekte, Bielefeld 2006
Lauffer,J., Rölleke, R. (Hrsg.), Dieter Baacke Preis - Handbuch 2 - Mediale Sozialisation und Bildung - Methoden und Konzepte medienpädagogischer Projekte, Bielefeld 2007

Quelle: Filmothek der Jugend (Hrsg.), Film und Medienkunst machen Schule, Duisburg 2007

Mit freundlicher Genehmigung der Autors